Wenig Mut und Veränderungswillen beim 14. Berliner Milchforum

Viel zu wenig Mut und Veränderungswillen – so zeigte sich die Milchindustrie beim 14. Berliner Milchforum Ende vergangener Woche.
Viel Mühe gab man sich, darzustellen, dass es keine Notwendigkeit für ein politisches Handeln im Sinne der Milchviehhaltung gebe.

So sah Peter Stahl, Vorsitzender des Milchindustrieverbandes, die Erzeugerpreise auf einem historisch hohen Niveau und die Milchmengen in etwa auf Vorjahresniveau. Mehr Sorge als die Tatsache, dass die Absatzmärkte an Dynamik verloren haben, bereiteten Stahl augenscheinlich die zunehmenden politischen Forderungen zur Umsetzung des Art. 148 GMO. Das Vorhaben der Einführung einer Vertragspflicht werde von der großen Mehrheit der Milcherzeuger nicht mitgetragen, so die Behauptung des Milchindustrie-Verbandes. Ergebnis werde nur ein Mehr an Bürokratie, ohne ein Mehr an Wertschöpfung sein. Man könne als MIV nicht nachvollziehen, woher die Begründung für weitere Eingriffe in die Marktordnung kommen solle, so MIV-Vorsitzender Stahl.

„Das kann man nur dann nicht nachvollziehen, wenn man die Situation auf den Milchviehbetrieben ausblendet“, erklärt BDM-Vorsitzender Karsten Hansen. „So rosig wie dargestellt ist die Situation der Erzeuger nicht. Ein historisch hohes Erzeugerniveau mit 60 Cent je Kilogramm Milch hatten wir zu Beginn des Jahres 2023“, stellt Karsten Hansen richtig. „Der MIV-Vorsitzende hat sich scheinbar im Kalenderjahr geirrt. Aktuell liegen die von der Molkereiwirtschaft den Milcherzeugern zugestandenen Milchpreise um 10 bis 15 Cent/kg darunter, eine Deckung der Erzeugerkosten ist damit nicht mehr gegeben.“

„Die beabsichtigte nationale Umsetzung des Art. 148 GMO kann, wenn sie denn vollzogen wird, endlich einen Einstieg in ein kleines Stück mehr marktwirtschaftliches Bewusstsein und faire Wettbewerbsbedingungen bedeuten“, stellt Junglandwirt und BDM-Netzwerker Jens Scherb klar. „Schon der Umstand, dass man die Selbstverständlichkeit von vertraglichen Vereinbarungen über Preise, Mengen und Lieferzeiten vor der Abholung der Milch überhaupt diskutieren muss, zeigt die Abgehobenheit des MIV.“

„Nicht nachvollziehen können wir auch, worauf sich die Behauptung des MIV stützt, dass die Umsetzung von Art. 148 GMO von einer großen Mehrheit der Milcherzeuger nicht mitgetragen wird“, betont BDM-Vorsitzender Karsten Hansen. „Wir wissen, dass in vielen Molkereiversammlungen viel Anstrengung unternommen wird, Angst zu schüren. Eine aktuelle, nicht repräsentative Umfrage von „top agrar“ zum Thema sowie die Tatsache, dass sich Mitglieder verschiedener landwirtschaftlicher Verbände seit über 20 Jahren leidenschaftlich für die Umsetzung der Vertragspflicht einsetzen, sprechen aber eine andere Sprache.“
Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter hält die Umsetzung des Art. 148 in nationales Recht für längst überfällig. Das Vorhaben ist ein richtiger und sinnvoller erster Schritt und erfordert eine Vertragspflicht für 100 % der Rohmilchmenge.

„Der MIV hingegen will an seinem bisherigen Umgang mit den Landwirten als Bittstellern festhalten, obwohl dieses Vorgehen eine erbärmliche Bilanz aufweist. Die Konsequenz: von 100.000 Betrieben im Jahr 2005 auf unter 50.000 Betriebe im Jahr 2025. Kluges Unternehmertum zeichnet sich durch Mut aus! Doch davon war auf dem Milchforum wenig zu spüren“, fasst Karsten Hansen zusammen. „Das ist gefährlich – eine Branche, die sich durch das Mantra „Weiter so wie bisher“ auszeichnet, hat sich eigentlich schon selbst abgeschrieben. Wir verstehen unsere Forderung nach verhandelbaren Verträgen in der Landwirtschaft als Unternehmergeist, der Einzug halten muss, wenn die Milchviehhaltung eine Perspektive und Zukunft haben will!“

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