Politik muss Vertrauen aufbauen statt verspielen – marktwirtschaftliche Stärkung der Erzeugerinnen und Erzeuger dafür zentral

(Berlin) In seiner heutigen Pressekonferenz zur Grünen Woche gab der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter BDM e.V. einen kurzen Überblick über die aktuelle Marktsituation sowie die politischen Aktivitäten im vergangenen Jahr und nahm zu aktuellen agrarpolitischen Themen Stellung.

„Die Dimension der Bauernproteste Anfang vergangenen Jahres hat klar die Dimension der strukturellen Probleme in der Landwirtschaft gezeigt“, resümiert BDM-Vorstandsvorsitzender Karsten Hansen. „Dass es nicht einfach wird, diese Probleme wirklich anzugehen, war keine große Überraschung. Aber es war ein echtes Trauerspiel, zu sehen, dass macht- und parteipolitische Taktierereien verhindert haben, dass relevante Fortschritte gemacht worden sind. Gewinner dieser Situation sind wie immer diejenigen, die davon profitieren, dass sich möglichst wenig ändert – und das sind nicht die Bäuerinnen und Bauern. Wir haben uns im vergangenen Jahr intensiv dafür eingesetzt, dass das Einkommen der Landwirte ganz überwiegend über den Markt generiert werden kann und dass Nachhaltigkeits- und Umweltleistungen einen Marktwert erhalten. In diesem Zusammenhang ist ein erster, eigentlich selbstverständlicher Schritt im Sinne eines marktwirtschaftlicheren Verhaltens, dass Art. 148 GMO in nationales Recht umgesetzt wird, denn auf freiwilliger Basis passiert hier seit über 10 Jahren nichts.“

„Zähe Verhandlungen waren nötig, um diese Ansätze auch in der Zukunftskommission Landwirtschaft ZKL zu verankern“, ergänzt BDM-Sprecher und Mitglied der Zukunftskommission Hans Foldenauer. „Die Gemeinsame Marktordnung GMO hat ein eigenes Kapitel erhalten – und hier wurde u.a. auch festgehalten, dass die Möglichkeit, den Abschluss von vertraglichen Vereinbarungen vor Lieferung der Agrarprodukte verbindlich vorzugeben, umgesetzt werden soll.
Wir haben kein Verständnis dafür, wenn die Politik, die diesen breiten Konsens der ZKL für notwendige, konkrete Veränderungsschritte in der Agrarpolitik ja eingefordert hat, sich selbst nicht in der Lage sieht, diesen Konsens zu finden.“
Jens Scherb als Vorstandsmitglied des European Milk Board EMB erklärt: „Wichtige Impulse für die Stärkung der Erzeugerinnen und Erzeuger in der Wertschöpfungskette gehen aktuell eher von Brüssel aus als von Deutschland. In Brüssel hat man bereits verstanden, dass die Landwirtschaft in jeder Hinsicht „überaltert“ ist und dass alle Junglandwirte-Förderungen ins Leere laufen, wenn nicht gleichzeitig wirtschaftliche Perspektiven für die Zukunft ihrer Betriebe geschaffen werden. Diese Erkenntnis muss sich endlich auch in Deutschland durchsetzen und dazu führen, dass marktwirtschaftliche Lösungen Vorrang erhalten vor einer Agrarpolitik, die in erster Linie aus „Geldverteilen“ und Ordnungsrecht besteht.“

„Die Abhängigkeit von Fördertöpfen führt dazu, dass im Wettlauf der Standards ganz schnell der Daumen über Betrieben gesenkt werden kann, die sich eigentlich ambitioniert für die Zukunft aufgestellt haben. Vorgaben werden ihnen von ihren Abnehmern und der Politik diktiert, ohne dass sie darauf Einfluss nehmen könnten. Diese Zwangslage der Betriebe ist unzumutbar und muss dringend aufgelöst werden“, betont auch Karsten Hansen.

Hans Foldenauer erläutert dazu: „Wie wichtig es ist, dass alle Leistungen der Betriebe über den Markt bezahlt werden und vor allem vertraglich vorab gemeinsam ausgehandelt werden, zeigt sich immer wieder – egal ob es die ständigen steigenden Anforderungen bei QM Milch sind oder aktuell das Weidehaltungsgebot im Biomilchbereich ab 2025, das in dieser Form dazu führen wird, dass vielen Biobetrieben der Biostatus aberkannt wird. Obwohl sie ihre Flächen ökologisch bewirtschaften, wird ihnen nicht nur der Bio-Milchpreisaufschlag gestrichen, sie verlieren auch ihre Öko-Flächenprämie, weil sie das Kriterium der Weidehaltung nicht vollständig einhalten können. Damit werden sie gegenüber reinen Marktfruchtbaubetrieben eklatant benachteiligt.“

„Mit sich ständig ändernden und verschärfenden Vorgaben – ohne dass dem ein entsprechender Marktwert gegenübersteht – wird viel Vertrauen bei den Bäuerinnen und Bauern verspielt“, kritisiert Karsten Hansen und fordert: „Dieses Vertrauen muss wieder aufgebaut werden – und das gelingt nicht, indem man einfach zu dem zurückkehrt, was schon in der Vergangenheit nicht funktioniert hat, sondern indem man eine Agrarpolitik verfolgt, die die Bäuerinnen und Bauern in ihrer Marktstellung stärkt. Das wäre gleichzeitig ein sehr erfolgreicher Schritt in Richtung der viel zitierten Ernährungssicherheit.“

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