Mit den Beschlüssen der Agrarministerkonferenz zum Milchmarkt spielen die Agrarministerinnen und Agrarminister von Bund und Ländern mit der Existenz der Milchviehhalterinnen und Milchviehhaltern regelrecht Roulette.
Milch-Beschlüsse der Agrarministerkonferenz sind Roulette-Spiel mit der Existenz der Milchviehhalter: Abkehr vom Ziel der Stärkung der Position der Milchviehhalter
Zu Recht stellen die Ministerinnen und Minister fest, dass die Pandemie angesichts der Verlagerung der Warenströme vom Großverbraucher zum Lebensmitteleinzelhandel und angesichts erheblicher Einschränkungen beim Export insgesamt erhebliche Auswirkungen auf die Agrarmärkte hat. Richtig ist teilweise auch, dass sich die Betroffenheit der Marktbeteiligten dabei sehr unterschiedlich darstellt.
Noch einmal wird die Eröffnung der Privaten Lagerhaltung als vermeintlich geeignetes Kriseninstrument für den Milchmarkt bestätigt. Darüber hinaus setzen die Ministerinnen und Minister einstimmig – ohne zumindest eine abweichende Protokollerklärung – auf freiwillige, unternehmensbezogene Milchmanagementmodelle, die „sehr gut geeignet sein können, um der aktuellen Situation zu begegnen“ und verweisen auf die Sektorstrategie 2030 der deutschen Milchwirtschaft, die nun mit Leben zu füllen sei.
„Wer angesichts einer globalen Milchmarktkrise mit prognostizierten Marktstörungen bis weit ins Jahr 2021 hinein erneut auf freiwillige, einzelbetriebliche Mengenmanagementmodelle der Molkereien setzt, obwohl die so genannte Branche seit nunmehr gut 12 Jahren in allen vergangenen Milchkrisen in dieser Hinsicht mit schöner Regelmäßigkeit versagt, setzt mit vollem Bewusstsein die Existenz unzähliger Milchviehbetriebe aufs Spiel“, äußert sich BDM-Vorsitzender Stefan Mann fassungslos. „Die Milch-Beschlüsse dieser AMK sind ein Kniefall vor der Milchindustrie und ein Fußtritt für die Milchviehhalter.“
„Die Agrarministerinnen und Agrarminister wissen sehr genau, dass die Sektorstrategie 2030 der deutschen Milchwirtschaft unzureichend ist, dass ihre Umsetzung – selbst wenn man gutgläubig annähme, dass darin auch nur irgendein Instrument enthalten wäre, das in dieser Pandemie helfen könnte – noch nicht ansatzweise fortgeschritten ist. Was möglicherweise ein Versuch sein soll, die Branche stärker unter Druck zu setzen, geht voll auf Kosten der Milchviehhalter. Angesichts der Tatsache, dass die wichtigsten Faktoren für die Verhinderung von massiven Wertschöpfungsverlusten für die Milchviehhalter die Schnelligkeit und Marktwirksamkeit von Kriseninstrumenten sind, kann diese Vorgehensweise nur als Russisch Roulette für unsere Betriebe bezeichnet werden“, kritisiert Stefan Mann scharf.
Die Beschlüsse der Agrarministerkonferenz sind von so viel Widersprüchen und Fehlannahmen geleitet, dass schon jetzt feststeht, dass nichts davon für die Milchviehhalter den dringend nötigen Erfolg der Marktbereinigung bringen wird. Die Sektorstrategie 2030 der Milchwirtschaft enthält nicht ein Instrument, das geeignet wäre, globale Marktkrisen in den Griff zu bekommen – nur ein Grund, warum der BDM diese Sektorstrategie nicht mitgezeichnet hat.
Die Marktpartner der Molkereien orientieren sich in Preisverhandlungen nach der Marktlage, die sie von globalen Milchproduktpreisen ableiten und nicht daran, welche Märkte die jeweilige Molkerei bedient. Der Appell der Ministerinnen und Minister „an alle Wirtschaftsbeteiligten, sich in dieser außergewöhnlich ernsten Situation solidarisch zu verhalten und gemeinsam nach Auswegen aus der Krise zu suchen“ ist der blanke Hohn für die Milchviehhalter. Wer auf unternehmensbezogene Lösungen setzt und gleichzeitig die unterschiedliche Betroffenheit der Marktbeteiligten betont, muss wissen, dass sich die Molkereiunternehmen „naturgemäß“ entsprechend ihrer Betroffenheit unterschiedlich verhalten werden. Der Wettbewerb unter den Molkereien ist intensiv, eine Marktbereinigung durch nur einige Unternehmen nicht realistisch und vor allem nicht ausreichend marktwirksam.
„Die Milchüberschüsse dieser globalen Marktkrise sollen also nur von den Milchviehhaltern bereinigt werden, die das Pech haben, an eine Molkerei zu liefern, deren Absatzmärkte überwiegend im Großkunden- oder Exportsektor sind? Das ist weder zumutbar, noch realistisch, noch wirksam – und vor allem auf keinen Fall solidarisch“, bekräftigt BDM-Vorsitzender Stefan Mann. „Die Beschlüsse dieser AMK ignorieren alle Erkenntnisse der vergangenen Milchkrisen und auch die des Bundeskartellamts und schwächen die Milchviehhalter in ihrer Marktstellung und betrieblichen Zukunft. So macht man sie zum Spielball zwischen Ernährungsindustrie und Politik und verpasst die Chance, die Betriebe für die zahlreichen Herausforderungen der Zukunft zu stärken.“