In einer von der Bundesregierung finanzierten Studie wurden längst bekannte Herausforderungen in der Haltung von Milchkühen und ihrer Nachkommen bestätigt und Handlungsbedarf für mehr Tierwohl festgestellt.
Mehr Kuhgesundheit – endlich das Richtige tun!
„Auf vielen unserer Betriebe sind zu wenige Arbeitskräfte für zu viele Tiere vorhanden, das lässt die Gefahr von Fehlentwicklungen steigen. Lange Jahre wurde uns von Wissenschaft, Beratung und Politik gepredigt, wie viele Kühe von einer Arbeitskraft (AK) bewältigt und versorgt werden müssen“, stellt BDM-Vorsitzender Stefan Mann fest. „Wer nicht mindestens 800.000 Kilogramm Milch pro AK erzeugen konnte und kann, galt und gilt als nicht fähig, einen Betrieb wirtschaftlich führen zu können.“
„Dieser Ansatz geht vom Optimalfall aus, in dem alle Arbeitskräfte und Tiere absolut gesund, leistungsfähig und auch gut qualifiziert sind. Es darf wirklich nichts, aber auch gar nichts Unvorhergesehenes passieren. Es darf keine Abweichung von diesem Idealzustand geben, damit die Rechnung noch aufgeht. Die Praxis und Lebenswirklichkeit auf den Betrieben sieht aber anders aus. Da funktionieren Mensch und Tier nicht auf Knopfdruck. Fällt auch nur eine Arbeitskraft wegen Krankheit, Arbeitsplatzwechsel oder ähnlichem aus, beginnt das System schon zu bröckeln“, kritisiert Stefan Mann. „Vergessen wird auch, dass Kühe und Kälber Lebewesen sind, die nicht wie eine Maschine immer gleich „funktionieren“ und die auch mal krank sein können. Das hat einen deutlich erhöhten Betreuungsaufwand zur Folge und auch dadurch kann das Betriebsmanagement schnell in Schieflage geraten.“
„Wir arbeiten in einem System, das bis zur Kante ausgereizt ist. Die aktuelle Agrarmarktpolitik hat einen extremen Wettbewerbs- und Intensivierungsdruck für die tierhaltenden Betriebe zur Folge. Dies führt dazu, dass immer enger kalkuliert und gewirtschaftet werden muss, um im Markt bestehen zu können. Ausbaden müssen den dadurch entstehenden Druck nicht nur die Tiere, sondern auch die Menschen, die in der Milchviehhaltung arbeiten“, so Stefan Mann.
Laut Aussage der Bundesregierung sehe man angesichts der Studienergebnisse Handlungsbedarf vor allem auf den Betrieben, man prüfe auch entsprechenden Rechtssetzungs- sowie Förderbedarf.
Der BDM hält den Versuch, mit Auflagen und staatlichen Zuschüssen zu heilen, was mit einer Agrarmarktpolitik, die auf die möglichst billige Versorgung der Ernährungs- und Verarbeitungsindustrie mit Milch und Fleisch ausgerichtet ist, an Schaden verursacht wird, für ein aussichtsloses Unterfangen.
„Das ist keine zukunftsorientierte Agrarpolitik, das ist Heftpflasterpolitik, die weder den Tieren noch den in der Tierhaltung tätigen Menschen wirklich hilft“, betont BDM-Vorsitzender Mann. „Wir als Bäuerinnen und Bauern müssen wieder in die Lage versetzt werden, uns hoch motivierte und gut ausgebildete Fachkräfte wirtschaftlich leisten zu können“, so Mann weiter. „Und wir müssen als verantwortungsvolle Halter von Kühen und Kälbern auch eingestehen, dass sehr viele von uns in Bezug auf die Arbeitsbelastung längst das für Körper und Geist verträgliche Maß überschritten haben.“
Mann weiter: „Das einzugestehen, ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Stärke! Stärke zeigen bedeutet auch, der Politik und der Beratung, die immer noch auf das Ausreizen der letzten Reserven setzen, die Stirn zu bieten und Grenzen aufzuzeigen. Dazu gehört auch, Forderungen zu stellen, die nicht dem Credo „Wachsen oder Weichen“ folgen. Es sind bereits so viele Betriebe gewachsen und gewichen – und nichts hat sich in Folge für die verbleibenden Betriebe – geschweige denn für Mensch, Tier und Umwelt – verbessert. Ein gründliches Umdenken ist gefragt!“
Weitere Informationen zur Studie finden Sie hier:
Tiergesundheit in deutschen Milchviehbetrieben
Durch welche Faktoren wird sie beeinflusst?
https://ibei.tiho-hannover.de/praeri/pages/69