Foto: bundeskartellamt.de
(Freising) Das Bundeskartellamt hat heute ein Sachstandspapier zu seinem Verwaltungsverfahren zu Lieferbedingungen für Rohmilch veröffentlicht. Darin stellt die Behörde zentrale Ergebnisse der bisherigen Ermittlungen dar und gibt erste Anregungen für wettbewerbsfreundlichere Alternativen für die Ausgestaltung der Lieferbeziehungen zwischen Milcherzeugern und Molkereien. Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter BDM e.V. begrüßt die in vielen Punkten sehr treffende Analyse des Bundeskartellamts der Besonderheiten der Milchlieferbeziehungen.
Kartellamt analysiert treffend wichtige Problempunkte des deutschen Milchmarkts
„Schon in der Sektoruntersuchung Milch aus dem Jahr 2012 hat das Bundeskartellamt ein eklatantes Marktmachtgefälle zu Ungunsten der Milchviehhalter festgestellt – ohne dass die Bundesregierung daraus bisher eine Handlungsnotwendigkeit abgeleitet hat. Die neuerliche Analyse vertieft die Erkenntnisse von 2012 und benennt einige wichtige Ursachen dafür, warum die Milchviehhalter bisher nicht auf Augenhöhe am Markt teilnehmen können“, erklärt BDM-Vorsitzender Romuald Schaber.
Für problematisch hält das Kartellamt insbesondere die Kombination aus langen Kündigungsfristen und Laufzeiten der Verträge zwischen Erzeugern und Molkereien in Deutschland und die exklusive Verpflichtung der Milchviehhalter, ihre Milch ausschließlich ihrer Molkerei anzudienen. Kritisch sei auch, dass der Milch-Auszahlungspreis erst nach der Lieferung festgesetzt wird und sich an Referenzpreisen und Marktinformationssystemen orientiert. Im Rückschluss regt das Bundeskartellamt beispielsweise kurze Kündigungsfristen für Lieferverhältnisse im Milchsektor an sowie eine Lockerung der Kopplung von Lieferbeziehung und Genossenschaftsmitgliedschaft, eine Festlegung der Preise vor Lieferung und die Vereinbarung fester Liefermengen.
„Die Politik ist nun gefordert, endlich die richtigen Schlüsse aus den Erkenntnissen des Bundeskartellamts zu ziehen und für mehr Wettbewerb im Sinne der Milchviehhalter aktiv zu werden“, fordert Romuald Schaber. „Leitschnur muss strikt die Verbesserung der Situation der Milchviehhalter sein. Neue Regelungen dürfen angesichts des bestehenden Marktmachtgefälles nicht zu faktisch neuen Knebelungen führen.“
Unberücksichtigt blieb im Sachstandsbericht des Bundeskartellamts, dass auch eine Verbesserung der Lieferbeziehungen nicht davon entbindet, dafür Sorge zu tragen, dass der Gesamt-Milchmarkt nicht durch große Übermengen in massive Schieflage gerät. In einem weitgehend ausgeglichenen Markt können verbesserte Lieferbeziehungen für die Erzeuger mehr Wettbewerb und damit höhere Preise zur Folge haben. Übersteigt jedoch das Milchangebot die Nachfrage deutlich, verschlechtert sich auch die Marktposition der Milchviehhalter und erschwert die Verhandlung guter Milchlieferverträge.
Befremdlich ist die Reaktion des Deutschen Milchkontors DMK auf die Vorschläge des Bundeskartellamts für mehr Wettbewerb im Milchmarkt. Das Bundeskartellamt zerstöre den deutschen Milchmarkt, titelt die Pressemitteilung des DMK und verkennt dabei schon, dass das Bundeskartellamt bisher nur Vorschläge macht und zur Diskussion stellt.
„Für die Milchviehhalter ist das blanker Hohn. Bisher werden Verluste praktisch komplett auf uns als schwächstes Glied in der Wertschöpfungskette abgewälzt. In der Milchmarktkrise, die ihren Höhepunkt 2015/2016 fand, mussten unzählige Milchviehhalter ihre Betriebe aufgeben, während die Molkereien weiterhin gute Betriebsergebnisse melden konnten“, kritisiert Schaber. „Es wird höchste Zeit, dass auch die Molkereien ihre Komfortzone verlassen müssen und sich auf mehr Wettbewerb einstellen. Eine Forderung, die zum Quotenwegfall insbesondere von Molkereiseite an die Milchviehhalter gerichtet wurde.“
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