Mit dem von EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger vorgelegten Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) 2021 – 2027 wird Gewissheit, was schon lange angekündigt wurde: Es wird weniger Geld für den EU-Agrarhaushalt geben. „Auch wenn die Kürzungen, die sich in der Summe auf 5% belaufen, bei oberflächlicher Betrachtung noch glimpflich und verkraftbar erscheinen, bedeuten sie für uns Bäuerinnen und Bauern bei der derzeitigen Ausgestaltung der Agrarmarktpolitik eine deutliche Einkommenssenkung“, erklärt BDM-Vorsitzender Stefan Mann. „Eigentlich sollten und wollen wir unser Einkommen über den Verkauf unseres Produkts Milch erzielen können, stattdessen aber hängen wir viel zu stark am Tropf der staatlichen Gelder. Angesichts der mehr als angespannten Einkommenssituation in der Landwirtschaft ist in dieser Situation auch eine Kürzung um 5% nicht hinnehmbar.“
Haushaltsvorschlag der EU-Kommission erfordert mutige GAP-Schritte
Die im Haushaltsvorschlag vorgesehene deutlich stärkere Kürzung der Mittel für die zweite Säule geht zudem völlig an der gesellschaftlichen Diskussion über die Agrarzahlungen vorbei. „Das kann sich für die Landwirte noch als gefährlicher Bumerang erweisen“, gibt Stefan Mann zu bedenken. „Damit trägt die EU-Kommission dazu bei, die Zahlung von Agrargeldern mittelfristig weiter zu gefährden. Wenn es nicht gelingt, die Agrargelder eindeutig mit konkreten Leistungen, die wir Landwirte für die Gesellschaft erbringen, zu verknüpfen, dann sind weitere und erheblichere Kürzungen nur eine Frage der Zeit.“
Das Nachsehen haben mit dem aktuellen Haushaltsvorschlag die Milchviehhalter, die ihren Betrieb mit Blick auf Förderprogramme der zweiten Säule schon auf höhere gesellschaftliche Anforderungen im Bereich Umwelt- und Tierschutz ausgerichtet haben und nun befürchten müssen, dass die Bundesländer angesichts fehlender EU-Mittel entsprechende co-finanzierte Förderprogramme kürzen werden.
„Verkraftbar wäre all dies nur dann, wenn man gleichzeitig bereit wäre, Veränderungen in der Ausgestaltung der Gemeinsamen Marktordnung (GMO) als Teil der GAP 2020 vorzunehmen, so dass die Milchviehhalter ihr Einkommen hauptsächlich über den Markt erzielen können“, so Stefan Mann. „Ein erster wichtiger Schritt wären Maßnahmen zur wirkungsvollen Verhinderung von Marktkrisen. Das, was sich in den letzten Milchmarktkrisen abgespielt hat, darf sich nicht wiederholen. Die Einlagerung von überschüssigen Produkten in die staatliche Lagerhaltung, um diese dann quasi verschleudern zu müssen, ist Verschwendung von Steuergeld, verbunden mit massiven Einkommensverlusten für die Landwirtschaft und die ländlichen Räume.“
Derzeit aber beschränkt sich die GAP-Diskussion zum wiederholten Male alleine auf die Gestaltung der Zahlung von Agrargeldern, obwohl es längst eine breite Übereinstimmung in Landwirtschaft, Wissenschaft und Politik gibt, dass damit die GAP-Ziele einer multifunktionalen Landwirtschaft angesichts knapper Mittel nicht ansatzweise erreichbar sind.
„Wir erwarten von EU-Agrarkommissar Phil Hogan und dem EU-Agrarrat, sich endlich den Realitäten zu stellen. Wer sich bei der Weiterentwicklung der GAP nur mit Geldverteilen befasst, hilft weder Bauern noch Bürgern“, kritisiert Stefan Mann. „Die GMO muss unbedingt mitangepackt werden, damit sich die Bauern höhere gesellschaftliche Anforderungen leisten können. Wird das nicht gemacht, verpuffen die Agrargelder als Sterbehilfe für die bäuerlich geprägte EU-Landwirtschaft.“