Der Europäische Gerichtshof hat Deutschland im Vertragsverletzungsverfahren wegen zu hoher Nitratwerte im Grundwasser, die in einem Viertel der deutschen Messstellen vor Einführung der neuen Düngeverordnung 2017 festgestellt worden waren, verurteilt. Dieses Urteil war nach Ansicht des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter BDM e.V. leider erwartbar, da die Bundesregierung trotz einer Mahnung aus Brüssel das Problem verschleppt und schließlich viel zu lange gebraucht hat, um einen Kompromiss im Streit um die neue Düngeverordnung, die seit Mitte 2017 gilt, zu finden. Die Quittung dafür erhalten zu Unrecht auch die Landwirte, die ganz überwiegend fachlich korrekt im Sinne der Kreislaufwirtschaft wirtschaften und nun pauschal als Umweltverschmutzer am Pranger stehen.
Erwartbares EUGH-Urteil im Nitratstreit: Landwirtschaft badet pauschal aus, dass wichtige politische Weichenstellungen unterblieben sind
Problematisch ist für die Landwirte auch, dass bereits jetzt unter Praktikern und Experten umstritten ist, ob die Neufassung der Düngeverordnung, die mit deutlich mehr Bürokratie und Kosten für die Landwirte verbunden ist, ausreicht, um zumindest zukünftig die Vorgaben aus Brüssel einhalten zu können.
„Wieder einmal versucht man, mit Ordnungsrecht die negativen Folgen politscher Weichenstellungen abzumildern, ohne diese auch nur im Ansatz zu überdenken“, kritisiert BDM-Vorsitzender Stefan Mann. „Dabei werden die eigentlichen Ursachen des Nitratproblems vollkommen ausgeklammert. Die Ausrichtung der EU-Agrarpolitik auf die globale Wettbewerbsfähigkeit der EU-Landwirtschaft und die Versorgung der Ernährungsindustrie mit entsprechend günstigen Rohstoffen hat zu einer Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktion sowie einer Konzentration der Tierhaltung in den so genannten Gunstregionen geführt. Insbesondere diese Konzentration und Intensivierung wurde und wird von der Bundesregierung als vermeintlich wünschenswerte Effizienz entsprechend gefördert. Immer mehr Menge ist nötig, um in der Landwirtschaft überhaupt ein auskömmliches Einkommen erwirtschaften zu können. Dies führt dazu, dass in die EU riesige Mengen an Futtermittel aus Drittländern und damit Nährstoffüberschüsse importiert werden, die hier zum Problem werden. Und statt die entstehenden Probleme gezielt und verstärkt in den Regionen anzugehen, in denen sie tatsächlich gehäuft auftreten, schafft man eine pauschale Regelung, die nicht ausreicht, um die in manchen Regionen auftretenden hohen Nitratwerte ausreichend einzudämmen und diejenigen, die im Sinne der Kreislaufwirtschaft wirtschaften, unnötig belasten.“
Notwendig wäre aus Sicht des BDM der gezielte Ansatz an den Problemstellen. Dafür muss die Düngeverordnung, deren Effizienz jetzt schon in Frage steht, auf ganz andere Füße gestellt werden. Um nicht den überwiegenden Teil der tierhaltenden Betriebe, die im Sinne der Kreislaufwirtschaft (es wird nur so viel zugeführt, wie entnommen wird) wirtschaften, über Gebühr zu belasten und so deren Ausstieg möglicherweise noch zu befeuern, müssen die Regionen und Betriebe, die ihre Produktion nicht flächengebunden, also ohne ausreichend Bodenfläche betreiben, mehr Verantwortung übernehmen und stärker kontrolliert werden. Unsinnige Regelungen wie eine flächendeckende Begrenzung der Nitratmenge auf 170 kg/ha aus organischen Düngemitteln sind nicht sachgerecht, führen letztlich zu einem verstärkten Einsatz von Mineraldünger und müssen daher abgeschafft werden.