Die Einigung der Bundesregierung, der Landwirtschaft mit einer weiteren Milliarde an Steuergeldern beim anstehenden Transformationsprozess unter die Arme greifen zu wollen, ist nach Ansicht des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter BDM e.V. ein Hohn für die Landwirte, die sich seit Jahren dafür einsetzen, dass man mit politischem Handeln die Ursachen der katastrophalen wirtschaftlichen Situation der Bäuerinnen und Bauern angeht statt mit immer neuen Finanzspritzen hilflos an den Folgen herum zu kurieren.
„Bauernmilliarde“ kein Ausdruck der Wertschätzung der Bauern
„Wir Milchbauern erleben das seit Jahren quasi in der Dauerschleife: Wir haben eine Krise, fordern politisches Handeln und kriegen öffentlichkeitswirksam Geld. Geld, das noch dazu nicht einmal ansatzweise ausreicht, um die Probleme wirklich zu lösen. Geld, das man uns bei jeder Diskussion als vermeintliche Hilfe unter die Nase reibt. Geld, das nicht die dringend nötige Wirkung haben wird und uns mundtot machen soll “, kritisiert BDM-Vorsitzender Stefan Mann vehement.
„Es steht außer Frage, dass es staatliche Anschubfinanzierung braucht, wenn an die Landwirte zukünftig noch mehr Anforderungen in Richtung Umwelt-, Natur-, Klimaschutz und Tierwohl gestellt werden. Die staatliche Unterstützung darf sich aber nicht auf Geldverteilen beschränken. Die wirtschaftliche Situation auf den Betrieben ist so verfahren, dass sie tatsächlich Geld benötigen werden, um den so genannten Transformationsprozess überhaupt zu überleben. Dieses Geld aber muss mittel- und langfristig über den Markt erwirtschaftet werden können und hierfür braucht es entsprechende politische Rahmenbedingungen. Wenn wir eine zukunftsfähige Landwirtschaft mit vielfältigen Strukturen erreichen wollen, führt daran kein Weg vorbei“, betont Stefan Mann. „Wer eine Milliarde Euro – verteilt auf vier Jahre – als Unterstützung und Wertschätzung der Landwirte verstehen will, verkennt oder verniedlicht die wirtschaftliche und soziale Dimension der Probleme auf den Betrieben!“
Allein den Milchviehhaltern sind nur durch die letzte große Milchmarktkrise in Deutschland Einkommensverluste von 6 Milliarden Euro entstanden. Die weiterhin bestehende Kostenunterdeckung von rund 10 Cent je Kilogramm Milch, sowohl im konventionellen wie auch im Bio-Bereich, entstehen weitere 3 Milliarden Euro Einkommensverlust pro Jahr. Ursache dieser Krisen und der aktuellen Marktmisere ist eine Agrarmarktpolitik, die auf eine kontinuierliche Intensivierung und niedrigste Preise für die gesamte Landwirtschaft ausgerichtet ist, um die Ernährungsindustrie mit günstigen Rohstoffen international wettbewerbsfähig zu machen.
„Mit diesen Milliarden Verlusten hätte man viele Maßnahmen für Umwelt, Klima, Artenschutz und Tierwohl angehen können“, stellt Mann fest. „Geld, das den Bäuerinnen und Bauern für die Zukunft unwiederbringlich fehlt und die Exportstrategien der Ernährungsindustrie unterstützt hat.“
Eine Milliarde Euro, verteilt auf vier Jahre, für alle Sektoren der Landwirtschaft, ist vor diesem Hintergrund nach Ansicht des BDM kein Ausdruck der Wertschätzung für die Bauern. Wertschätzung bedeutet, die Probleme ernst zu nehmen und ernsthaft anzugehen. Das bedeutet, die angekündigte Milliarde Euro mit einem klaren Bekenntnis zu begleiten, dass man eine Neuausrichtung der Agrarmarktpolitik auf die Interessen der Bäuerinnen und Bauern, der Gesellschaft sowie der Belange von Umwelt, Natur- und Klimaschutz endlich in Angriff nimmt. Außerdem braucht es eine Verbesserung der Marktstellung der Landwirte, damit diese in der Lage sind, steigende Kosten über den Markt zu decken statt auf staatliche Hilfsgelder hoffen zu müssen.
Staatliche Gelder können nur Anreize setzen, niemals aber die fehlende Wirtschaftlichkeit der Betriebe ausgleichen. Dafür aber braucht es geeignete Marktrahmenbedingungen, die politisch gestaltet werden müssen.
„Agrarpolitik ist viel mehr als Geldverteilen, das sollte auch dem Letzten endlich bewusst werden“, fordert BDM-Vorsitzender Stefan Mann.