Das von Molkereien finanzierte Ife-Institut kommt in einer vom Deutschen Raiffeisenverband DRV in Auftrag gegebenen Analyse – durchgeführt von den Professoren Dr. Holger Thiele (ife-Institut) und Dr. Torben Tiedemann (FH Kiel) – zum Ergebnis, dass bei einer Umsetzung des Artikel 148 GMO in nationales Recht kaum Vorteile für die Milcherzeuger auszumachen wären. Ganz im Gegenteil, ihrer Ansicht nach kämen Kosten in Höhe von jährlich rund 100 Mio. € auf die Milcherzeuger zu. Eine Stärkung der Erzeuger sähen sie nicht. Zudem sehen die Professoren ein Risiko dahingehend, dass sich durch die Umsetzung des Artikel 148 GMO der Strukturwandel in der Molkereiwirtschaft verstärken würde.
Analyse des ife-Instituts bedient Vollkasko-Mentalität der Molkereien
„Da haben zwei Wissenschaftler genau das Ergebnis geliefert, das ihre Auftraggeber sich gewünscht haben“, stellt BDM-Vorsitzender Karsten Hansen fest. „Wenn man das auf den großen Rest der Geschäftswelt überträgt, in der vertragliche Vereinbarungen Grundlage jeder Geschäftsbeziehung sind, würde das Studienergebnis bedeuten, dass man alle Verträge am besten unterlassen sollte, weil man dadurch nur überflüssige Kosten produziert. Man könnte fast lachen, wenn es für die Milchviehhalter nicht so ernst wäre.“
„Die Argumentation der Professoren Thiele und Tiedemann zeigt deutlich, wie extrem an einer kompletten Verlagerung des Marktrisikos auf die Milchviehhalter festgehalten werden soll“, betont BDM-Vorstand Manfred Gilch.
Die entstehenden Kosten von jährlich rund 100 Mio. Euro begründen die Professoren in erster Linie mit der Preisabsicherung, die für die Molkereien durch die Vertragsbindung notwendig würde. Den Molkereien entstünden dadurch Kosten zwischen 63 und 151 Mio. €/jährlich.
„Wie selbstverständlich wird davon ausgegangen, dass diese Kosten die Milchviehhalter tragen müssen, indem man die Milcherzeugerpreise entsprechend kürzt. Gleichzeitig wird in der Studie auch empfohlen, dass die Absicherung der zukünftigen Rohmilchverwertung über Terminmärkte am besten gleich eigenverantwortlich durch die milcherzeugenden Betriebe selbst erfolgen sollte“, so Gilch weiter.
„Noch deutlicher kann man die Vollkasko-Mentalität der Molkereien zu Lasten der Milcherzeuger nicht zum Ausdruck bringen. Die Tatsache, dass man nicht einmal einen Gedanken daran verschwendet, wie das Marktrisiko gleichmäßiger innerhalb der Wertschöpfungskette verteilt werden könnte, spricht Bände. Und eben weil das so ist, brauchen wir ja überhaupt ein Umdenken und die Umsetzung des Art. 148 GMO. Dann nämlich müssen die Marktbeteiligten sich wirklich gemeinsam mit der Marktentwicklung befassen, um keine wirtschaftlichen Fehler zu machen.“
„Ich fühle mich für dumm verkauft“, kritisiert auch Milchbäuerin und BDM-Vorständin Ursula Trede. „Will man uns hier vormachen, dass Preisabsicherungssysteme uns Bäuerinnen und Bauern nichts kosten? Und ist nicht auch hinreichend bekannt, dass börsennotierte Preisabsicherungen in der Realität nur für einen gewissen Teil der Milchmengen funktionieren?“
„Sehr viel sinnvoller wäre es, sich Gedanken darüber zu machen, wie man den Milchmarkt so managen könnte, dass die Milcherzeuger mit ihren Abnehmern aus einer Position der Marktstärke heraus Vertragsbedingungen aushandeln können, die dazu beitragen, für unsere Betriebe wirtschaftliche Perspektiven zu schaffen“, fordert Karsten Hansen dazu auf, den Gedankenhorizont auch in wissenschaftlichen Analysen zu erweitern.
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