BDM-Symposium: Sehr gut besucht, hochkarätig besetzt und intensive Diskussionen

(Berlin) Wie jedes Jahr hatte der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter BDM e.V. am ersten Samstag der Grünen Woche in Berlin zu seinem Symposium eingeladen und rund 700 Milchviehhalterinnen und Milchviehhalter aus ganz Deutschland waren dieser Einladung gefolgt. Ein Beleg für den hohen Stellenwert, den diese Veranstaltung bei den Landwirten einnimmt.

„Keine andere Veranstaltung rund um die Grüne Woche dürfte ähnlich gut von aktiven Bäuerinnen und Bauern besucht sein“, zeigte sich BDM-Vorstand Stefan Lehmann erfreut, „zumal wenn man in Betracht zieht, dass hier mit der Milchviehhaltung ja nur ein Teilbereich der Landwirtschaft vertreten ist.“Symposium_2017_P1050564_1_1.JPG
„Freie Märkte ohne Freiheit für die Bauern?“ lautete die zentrale Frage des Symposiums, die in zwei Panels näher konkretisiert wurde. In beiden Runden diskutierten hochkarätige Referenten nach einem kurzen Impulsreferat unmittelbar mit den Milchviehhaltern. Moderiert wurden beide Panels kenntnisreich und unterhaltsam von Christine Schneider, Redakteurin der Sendung „Unser Land“ des Bayerischen Rundfunks.
Nach Grußworten von Peter Bleser, Staatssekretär des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, und Roland Röder von der Aktion 3. Welt Saar spannte Franz Kotteder, Autor und Redakteur der Süddeutschen Zeitung, in seiner Keynote den Bogen zunächst ein wenig weiter: Den versprochenen Vorteilen stellte er die Gefahren des Freihandels für Gesellschaft und Demokratie gegenüber und mahnte zur Aufmerksamkeit.

Symposium_2017_P1050449_1.JPGDas erste Panel beschäftigte sich mit dem Thema „Milchpolitik – Wie viel Eingriff verträgt der freie Markt?“. Trotz der ganz kurzfristigen, krankheitsbedingten Absage von Kees de Vries, Mitglied des Agrarausschusses des Bundestags (CDU), entspann sich eine angeregte Diskussion zwischen Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsminister Dr. Robert Habeck und den Milchviehhaltern aus Bayern und Sachsen-Anhalt, die mit ihm auf dem Podium saßen. In seinem Eingangsstatement wies Habeck darauf hin, dass sich kein Bauer für das entschuldigen müsse, was in der Vergangenheit gesellschaftlich gewollt war. Die Bauern hätten mit ihren Produktionssteigerungen dafür gesorgt, dass die Bürger mit hochwertigen Lebensmitteln satt gemacht werden konnten und genügend Geld für andere Güter wie Gesundheit, Bildung und Kultur übrig blieb. Nun sei man an einem Punkt, an dem man gesellschaftlich neu beantworten müsse, ob ein „Weiter so“ um den Preis, dass die Preise noch weiter abrutschen und noch weniger Bauern existieren können, der richtige Weg für die Zukunft sei. Es sei politische Aufgabe, den ländlichen Raum zu stabilisieren. Man habe mittlerweile genug Dörfer ohne Landwirte. Die Politik habe eine strukturell ordnende Verantwortung. Nur wenn einem egal sei, wie viele Landwirte es künftig noch geben werde, könne man in der Krise sagen, der Markt richte es alleine. Die Diskussion um die vom BDM geforderten mengenreduzierenden Krisenmaßnahmen in den vergangenen Monaten habe gezeigt, dass es allein eine Frage des politischen Willens und nicht der Machbarkeit sei, ob der Milchmarkt im Sinne der Landwirte gestaltet werden kann, so der Minister.

Symposium_2017_P1050470_1.JPGIn Panel 2 zum Thema „Das Leitbild des freien Milchbauern: Nur noch Vertragsbauer oder echte Entscheidungsfreiheit?“ beleuchtete zunächst Josef Assheuer als Referent für Ökonomie Milchviehhaltung der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen mit  ungeschöntem Blick die Situation auf den Betrieben und die wirtschaftlichen Handlungsspielräume der Milchviehhalter.
Symposium_2017_P1050477_1.JPGProf. Dr. Markus Mau, Leiter des Instituts für Innovative Strategien University of West Hungary und intensiver Handelsbeobachter, erklärte die Interessen der Teilnehmer der Wertschöpfungskette und die Herausforderungen des globalisierten Wettbewerbs. Das  Bundeskartellamt nehme die Rolle eines Schiedsrichters in der Wirtschaft ein, erklärte schließlich Bundeskartellamtspräsident Andreas Symposium_2017_P1050506_1.JPGMundt, und betonte, dass seiner Einschätzung nach die „Spielregeln“ im Milchmarkt im Moment so sind, dass die Erzeuger dieses Spiel nicht gewinnen können. Dies sei der Grund, warum man ein kartellrechtliches Verfahren eingeleitet habe. Man habe mit dem Wegfall der Milchquote einen gigantischen Transformationsprozess eingeleitet, ohne ihn ausreichend zu begleiten und ohne die Rahmenbedingungen für den Wettbewerb, der jetzt stattfinden soll, in sich stimmig zu gestalten. Wettbewerb könne nur seine Wirkung entfalten, wenn die Spielregeln so seien, dass alle nach diesen Spiegelregeln spielen und vor allem nicht automatisch eine Seite immer gewinnt. Deswegen sehe man sich jetzt im Milchverfahren fünf Punkte an: Der erste Punkt sei die hundertprozentige Andienungspflicht, der zweite die sehr langen Vertrags- und Kündigungsfristen, der dritte Punkt die hundertprozentige Abnahmepflicht, die zwar von den Landwirten sehr geschätzt werde, aber auch Nachteile für sie bringen würde. Der Lebensmitteleinzelhandel, der ja nicht gerade unter mangelnder Marktmacht leide, profitiere von einer Situation, in der die Molkereien unter Mengendruck stünden, erklärte Mundt. Als vierten Punkt nannte er die Referenzpreismodelle und die hohe Preistransparenz im Milchmarkt, als fünften Punkt die Tatsache, dass die meisten Erzeuger bei Ablieferung ihrer Milch keine Ahnung hätten, was ihnen einen Monat später dafür bezahlt werde. Da die Molkerei nur das ausbezahle, was übrig bleibe, sei deren Verhandlungsdruck mit dem Handel – vorsichtig formuliert – relativ gering. Die Untersuchung dieser Punkte sei zwischenzeitlich abgeschlossen, so Mundt. Aktuell werde ein Ergebnispapier erarbeitet, das Grundlage für die Erarbeitung von Lösungen sein solle, damit es zu einer gerechteren Risikoverteilung komme.
In der anschließenden Diskussion mit den Milchviehhaltern hoben diese besonders hervor, wie wichtig es in einem globalen Markt sei, in dem der Wettbewerbsdruck unter den Molkereien hoch ist,  dass die Verhandlungsposition der Milchviehhalter gegenüber den Molkereien maßgeblich dadurch verbessert werde, dass der Milchmarkt nicht durch ein zu hohes Angebot in Schieflage gerate.

Symposium_2017_P1050616_1.JPGMit der Verleihung des Journalistenpreises „Faire Milch“ fand das Symposium des BDM schließlich einen gelungenen Abschluss. BDM-Vorstand Siek Postma und Bundesbeirat Michael Braun ehrten die Preisträger für ihre Beiträge, die sich in besonders gelungener Weise mit dem Milchmarkt und den Milchviehhaltern beschäftigt hatten. Dazu mehr unter www.diefairemilch.de bzw. in beigefügter Pressemitteilung zum Journalistenpreis.

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