Agrarministerkonferenz 2025: Verhedderung in zunehmende Widersprüche in der Agrarpolitik

Die Agrarministerkonferenz (AMK) hat am 28. März 2025 in Baden-Baden einen fragwürdigen Beschluss zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) gefasst. Im Mittelpunkt steht die Änderung der Ökoregelung 4 (ÖR 4), die nun auch Milchviehbetrieben zugutekommen soll, in ihrer beschlossenen Form jedoch kaum zur Attraktivitätssteigerung der ÖR und Honorierung von Milchviehhaltern und Weidehaltern erbrachten Umweltleistungen beitragen dürfte.

Änderung der Ökoregelung 4: Wem nützt das?
Die Ministerinnen und Minister der Agrarressorts haben beschlossen, die Ökoregelung 4 (Extensivierung des Dauergrünlands) um eine Variante zu ergänzen, die angeblich milchviehhaltenden Betrieben den Zugang erleichtern soll. Nach diesem Beschluss sollen Milchviehbetriebe begünstigungsfähig werden, „deren Viehbesatz bezogen auf die Hauptfutterfläche ohne Mais des Gesamtbetriebs mindestens 0,3 und höchstens 1,4 RGV/ha umfasst“. Alle anderen Förderbedingungen der bisherigen ÖR 4 bleiben bestehen.
Faktisch bedeutet dies, dass die extensive Ökoregelung 4 um Acker (Ackergras) erweitert wird. Da weiterhin Pflanzenschutzmittel verboten sind und die Regelung ausschließlich bis maximal 1,4 RGV/ha gilt, erscheint diese Änderung wie ein Geschenk an Bio-Betriebe, die ohnehin keine Pflanzenschutzmittel einsetzen dürfen. Für die große Mehrheit der konventionellen Milchviehbetriebe bringt diese Änderung kaum Vorteile.

Widersprüche zu früheren Beschlüssen
Besonders besorgniserregend ist die Tatsache, dass mehrere Bundesländer (darunter Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hessen, NRW, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen) in einer Protokollerklärung die künftige Bundesregierung sogar auffordern, „die Vorgaben zu den neuen ÖR in § 20 Abs. 3 Satz 2 GAPDZG (ÖR 8 – Weidehaltung in milchviehhaltenden Betrieben und ÖR 9 – Verteilung von Biodiversitätsflächen in den Betrieben) wieder rückgängig zu machen“. Dies steht im krassen Widerspruch zu früheren Beschlüssen und Diskussionen und kann nur als Wortbruch gegenüber den landwirtschaftlichen Betrieben gewertet werden.

Alternative Ansatz der Öko-Regelung für Weidehaltung verworfen
Dabei lag mit der vom Bundeslandwirtschaftsministerium vorgeschlagenen neuen Öko-Regelung 8 „Weidehaltung in milchviehhaltenden Betrieben“ eine praktikablere Alternative, zumindest für Weidehalter, auf dem Tisch. Diese hätte einen Einheitsbetrag von etwa 70 Euro je Großvieheinheit vorgesehen und wäre an die Bedingung geknüpft gewesen, dass die Tiere mindestens 120 zusammenhängende Tage Weidegang erhalten und mindestens 1.000 m² Weidefläche je GVE zur Verfügung stehen. Ein solcher Ansatz hätte tatsächlich mehr Milchviehbetrieben zugutekommen können.

Leistungen des Dauergrünlands werden grundsätzlich nicht Honoriert
Was den meisten Milchviehhaltern in der Praxis tatsächlich helfen würde, wäre eine eigenständige Ökoregelung speziell für Dauergrünland. Bisher werden die ökologischen Leistungen des Dauergrünlands, wie CO₂-Bindung, Biodiversitätsförderung und Wasserspeicherung, faktisch zum Nulltarif erbracht, da adäquate Fördermöglichkeiten fehlen.

Kritik am Einstimmigkeitsprinzip der AMK
Die jüngsten Beschlüsse werfen grundsätzliche Fragen zur Funktionsweise und Effektivität der Agrarministerkonferenz auf. Das Einstimmigkeitsprinzip der AMK führt zwangsläufig zu Kompromissen, die oft nur den kleinsten gemeinsamen Nenner darstellen und kaum zukunftsweisende Entscheidungen ermöglichen.
Besonders problematisch ist, dass einige Ministerinnen und Minister es mittlerweile offenbar nicht mehr für nötig halten, während der Agrarministerkonferenz ins direkte Gespräch mit den Erzeugern zu kommen. Dies verstärkt den Eindruck, dass politische Entscheidungen immer weiter von den tatsächlichen Bedürfnissen der landwirtschaftlichen Betriebe entkoppelt werden.

Notwendigkeit verbesserter Marktrahmenbedingungen
Die aktuellen Diskussionen auf Agrarministerkonferenzen, Strategiedialogen und in GAP-Begleitausschüssen führen zu langwierigen Debatten, die in der Summe kaum substantielle Fortschritte für die Branche bringen. Stattdessen entwickeln sie sich zunehmend zu einem Streit um begrenzte finanzielle Mittel, die bekanntermaßen nicht mehr werden.
Langfristig wird die Politik nicht an der Schaffung echter, verbesserter Marktrahmenbedingungen für Milchviehhalter und alle anderen Landwirte vorbeikommen. Bereits 2021 stellten fast alle Agrarminister fest, „dass die Milchauszahlungspreise nicht auskömmlich sind“. Dennoch fehlt es bis heute an wirksamen Kriseninstrumenten und verbindlichen Vorgaben für fairere Preisbildung in der Wertschöpfungskette, wie sie beispielsweise der BDM in seiner Zukunftsstrategie 2030 vorschlägt.

Fazit: Verzettelt
Die jüngsten Beschlüsse der Agrarministerkonferenz müssen als verpasste Chance für die deutsche Landwirtschaft gewertet werden. Anstatt die Weichen für eine zukunftsfähige, wirtschaftlich tragfähige und ökologisch nachhaltige Landwirtschaft zu stellen, verheddert sich die Politik in widersprüchlichen Einzelentscheidungen, die kaum zur Lösung der grundlegenden Probleme beitragen.
Für die große Masse an Milchviehhaltern, Weidehaltern und Dauergrünlandbetriebe, die auf eine echte Honorierung ihrer Leistungen gehofft hatten, ist dies bitter. Sie bleiben weiterhin im Regen stehen, während die politischen Mühlen langsam mahlen und sich in Detailfragen verlieren, anstatt den Mut zu haben, die großen Herausforderungen der Bauern entschlossen anzugehen.