Ein strittig diskutiertes Thema stellte das BDM-Kreisteam Erding beim Besuch der bayerischen Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales, Ulrike Scharf, ins Zentrum. Wurde die Ministerin doch auf einen Betrieb mit ganzjähriger Anbindehaltung am Rande der prosperierenden Kreisstadt geladen.
Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) auf Erdinger Milchviehbetrieb
Gleich zu Beginn des Gesprächs machten sowohl BDM-Landkreisvorsitzender Mathias Lohmeier, als auch Betriebsleiter Matthias Floßmann deutlich, dass die ganzjährige Anbindehaltung auch in Bayern keine Zukunft habe, es sich allerdings lohne, die Betriebe einzeln zu betrachten.
So sei der Betrieb im Südosten von Erding praktisch nicht in der Lage, für Auslauf für die Kühe zu sorgen, sowohl aus lagebedingten, aber auch aus ökonomischen Gründen. Der Auszahlungspreis sei in den vergangenen Jahren stets so niedrig gewesen, dass jegliche Ersatzinvestitionen gut durchdacht sein mussten, von kostspieligen Neuinvestitionen, wie zum Beispiel einem Laufhof, ganz zu schweigen, so der Erdinger Landwirt. Zusätzlich seien in den vergangenen Jahren von einigen bayerischen Molkereien auch Abschläge für Milch aus Anbindehaltung eingeführt worden, eine Maßnahme, die notwenige Investitionen nicht gerade begünstigt hätte. Man dränge trotzdem nicht auf eine – wie auch immer geartete – Garantie der Anbindehaltung, so BDM-Kreisvorsitzender Mathias Lohmeier, sondern nur auf möglichst weitgehende Übergangsfristen, um möglichst viele Betriebe in der Produktion zu halten und auch deren soziale Funktion innerhalb der Gemeinden zu bewahren.
Sozialministerin Scharf konnte bei der Bedeutung der vielen eher kleineren Milchviehbetriebe auf Vereinsleben und Ehrenamt in Bayern nur zustimmen und machte auch ihre Sorge um die Zukunft der bäuerlichen Landwirtschaft in Bayern deutlich. Strukturstarke Landkreise im Münchner Umland hätten es hier – vermeintlich – einfacher, Verluste in der Landwirtschaft zu kompensieren, so Scharf; allerdings sehe das in vielen ländlich geprägten Regionen Bayerns, die ja auch vorhanden seien, ganz anders aus. In Hinblick auf die wirtschaftliche Situation der Milchviehbetriebe konnte Scharf die Probleme der Betriebe zwar nachvollziehen, verwies jedoch darauf, dass die Staatsregierung keine Preise festlegen könne und auch im Getriebe der europäischen Agrarpolitik nur ein „kleines Rädchen“ sei. Sie werde aber auch weiterhin mit ihrer Kabinettskollegin, Landwirtschaftsministerin Kaniber, in Kontakt bleiben und für die Interessen der Milchviehhalter in Bayern werben.
Zur Situationsbeschreibung der Milchviehhalter, wonach erst weit nach der Milchablieferung der gezahlte Preis feststünde und ausbezahlt werde, übernahm Rudolf Waxenberger, CSU-Listenkandidat zur Landtagswahl. Bauunternehmer und 2. Obermeister der Bauinnung Freising-Erding das Wort und betonte, dass es auch bei der Rechnungsstellung im Baugewerbe oft zu Beanstandungen kommen würde und daher auch hier das Verhältnis zwischen Sub- und Sub-Sub-Unternehmern nicht intakt sei. Er müsse allerdings auch als Unternehmer anerkennen, dass die Verhandlungsposition der Milcherzeuger noch weitaus schlechter sei.
Es mag dem Wahlkampf geschuldet sein; sichtlich verliebt hatte sich Ministerin Scharf in ein frischgeborenes Kalb, welches sie sowohl vor als auch nach dem Gespräch ausgiebig knuddelte.
Das BDM-Kreisteam Erding hat in den vergangenen Wochen Gespräche mit allen, im bayerischen Landtag vertretenden Parteien geführt. Teilweise im Rahmen von Betriebsbesichtigungen, teilweise im Rahmen des monatlich stattfindenden Milchbauern-Stammtischs. Zu diesem werden – abseits der heißen Wahlkampfphasen – auch Fachreferenten zu verschiedensten Themen oder Vertreter von anderen Organisationen und Verbänden geladen.