Während am Mittwoch in Rendsburg junge Landwirte über ihre Zukunftsaussichten diskutieren, weigert sich Landwirtschaftsminister Schmidt immer noch, endlich wirksame Instrumente zur Bekämpfung der Krise auf dem Milchmarkt zu unterstützen und den jungen Landwirten Perspektiven für die Zukunft auf ihren Milchviehbetrieben zu geben.
SH: Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt darf jungen Milchviehhaltern nicht die Zukunft verbauen
„Seit einem Jahr haben wir es mit viel zu niedrigen Milchpreisen zu tun und ein Ende des Preisverfalls ist nicht in Sicht. Der Milchmarkt ist völlig aus dem Gleichgewicht geraten und man vertröstet uns seit Jahren damit, dass irgendwann die Nachfrage auf dem Weltmarkt unsere Rettung sein soll. Dabei exportieren unsere Molkereien bereits – nur erlösen sie für die Produkte viel zu wenig, um uns kostendeckende Preise zu zahlen“, schildert Steffen Trede, 22 Jahre, die Situation. Junglandwirt Trede ist die achte Generation auf dem Milchviehbetrieb in Nienborstel. Nach Abschluss seiner landwirtschaftlichen Lehre absolviert er nun die Höhere Landbauschule in Rendsburg und plant, in den elterlichen Betrieb mit 130 Kühen einzusteigen: „Es müssen nicht gleich riesige Investitionen sein, aber natürlich möchte ich unseren Betrieb weiter entwickeln und für die Zukunft fit machen. Bei uns stehen die Kühe oben an und wer dabei bleiben will, muss immer wieder Geld in die Hand nehmen, um für die Kühe ein optimales Umfeld zu schaffen. Wo dieses Geld in Zukunft herkommen soll, kann ich bei dieser Agrarpolitik im Moment nicht sehen“.
Ähnlich sieht es Arne Sierck, 21 Jahre, der ebenfalls die Höhere Landbauschule in Rendsburg besucht. Seine Eltern haben vor sechs Jahren eine Hofmolkerei gebaut und vermarkten einen Teil der Milch ihrer 80 Kühe seitdem selbst. Darin sieht der junge Milchviehhalter aber keine Lösung für die Mehrheit der Betriebe: „Wir bedienen eine Nische auf dem Milchmarkt und sind froh darüber, diesen Schritt gemacht zu haben. Aber der Markt für solche Lösungen ist sehr klein. Daher brauchen meine Berufskollegen die Sicherheit, dass der Milchmarkt nicht immer wieder zusammenbricht. Wir haben die dritte Krise in sieben Jahren und es werden etliche Betriebe diese ruinösen Preise nicht mehr überleben. Das muss in Zukunft verhindert werden, wenn man will, dass junge Leute die Höfe ihrer Eltern weiter führen.“
Die Junglandwirte haben genaue Vorstellungen, wie der europäische Milchmarkt gestaltet werden müsste, um ihnen eine Zukunft bieten zu können. In Krisen am Milchmarkt muss zeitlich befristet die europäische Milchmenge angepasst werden, so dass sich der Milchmarkt möglichst schnell wieder erholt. Sie sehen sowohl die Bundesregierung als auch die europäische Politik in der Pflicht endlich ihrer Verantwortung nachzukommen. „Anstatt wirkungsvolle Kriseninstrumente zu etablieren will Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt, dass wir unsere Betriebe mit immer mehr Fremdkapital in Form von Überbrückungskrediten belasten“, warnt Steffen Trede. „Die Bundesregierung, und auch die CDU in Schleswig-Holstein behaupten, sie würden sich für eine flächendeckende Milchproduktion einsetzen. Stattdessen ruinieren sie mit ihrer Politik unsere Höfe. Wenn Minister Schmidt uns wirklich helfen will, muss er intelligente Konzepte auf EU Ebene voran bringen, die verhindern, dass der europäische Milchmarkt in Krisenzeiten nicht mit Milch geflutet wird“, fordert der junge Landwirt.
Enttäuschung herrscht unter den jungen Milchviehhaltern auch über die Vorgehensweise der Wissenschaft und Beratung. Während in theoretischen Abhandlungen alle Initiativen den Milchmarkt möglichst schnell wieder in ein Gleichgewicht zu bringen negativ bewertet werden, beweist die Realität ganz aktuell welche Auswirkungen das von vielen Agrarökonomen favorisierte Modell eines liberalisierten Milchmarktes hat. Philipp Clausen, 25 Jahre, der nach abgeschlossener Ausbildung mit seinen Eltern einen Betrieb mit 120 Kühen in Ostholstein bewirtschaftet, beschreibt die Situation so: „Viele Milcherzeuger haben den Aussagen der Agrarökonomen vertraut, eine steigende Weltnachfrage und die Kostensenkungseffekte der Ausweitung der betrieblichen Milchproduktion würden die Zukunft ihrer Betriebe sichern. Die Realität auf vielen Betrieben zeigt nach Abschaffung der Milchquote ein ganz anderes Bild. Jetzt den betroffenen Milcherzeugern auch noch vorzuhalten sie hätten sich verspekuliert, das ist schlichtweg verantwortungslos. Wissenschaft, Beratung und Politik haben den Karren mit in den Dreck geschoben. Da ist es doch wohl nicht zu viel verlangt, jetzt gemeinsam mit den Milcherzeugern an Lösungen zu arbeiten, die möglichst vielen Betrieben ein nachhaltiges Wirtschaften erlauben.“