MV: 10. BDM-Milchbauerntag in Karow am 01. März 2017

Landwirtschaftsministerium, Landesbauernverband M-V und der BDM-MV ziehen an einem Strang(Karow/M-V). Über 150 Landwirte, Vertreter aus Politik und Verbänden folgten der Einladung des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter e.V. zum Thema „Milchmarkt 2017: Krise 3.0 – Wieder nichts gelernt?“ am Mittwoch, 01. März 2017, in die Rinderauktionshalle der RinderAllianz nach Karow.

BDM-Landesteamleiter Christian Karp freute sich über das große Interesse bei den Praktikern und den interessierten Gästen aus dem vor- und nachgelagerten Bereich der Milchviehhaltung. „Fast zwei Jahre dauert die aktuelle Milchkrise und sie ist noch nicht überwunden“, beschrieb Karp die Situation auf dem Milchmarkt in seiner Ansprache. „Wir haben viel erreicht aber noch ist nichts passiert“, argumentierte er und meinte damit, dass das europäische Sicherheitsnetz mit Intervention und privater Lagerhaltung nicht ausreicht und mit einem Krisenmanagement auf europäischer Ebene erweitert werden muss. Mit den Worten „Krise 3.0 – Wieder nichts gelernt?“ übergab Karp das Wort an den Staatssekretär.

Staatssekretär Dr. Jürgen Buchwald, Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt M-V, sprach von zwei schlechten Jahren für die Milchviehhalter. „Besonders 2016 war ein turbulentes Jahr, denn durch schwache Getreidepreise im Ackerbau wurden die Einnahmen für Landwirte zusätzlich geschmälert“, argumentierte er. Dr. Buchwald erklärte, „dass die Lieferbeziehungen überarbeitet werden müssen und klar definierte Verträge zwischen Molkerei und Milcherzeuger über die Menge, Qualität und den Preis benötigt werden. Dafür setzt sich das Landwirtschaftsministerium ein“. Der Staatssekretär betonte, dass die Risiken bei Erzeugern und Verarbeitern gleich verteilt werden sollen. Herr Dr. Buchwald kann den Frust der Bauern, dass bisher politisch außer den Hilfspaketen noch nichts weiter umgesetzt wurde, verstehen. Er versuchte zu erklären, dass politische Entscheidungsprozesse Mehrheiten benötigen und lange Zeit in Anspruch nehmen. Der Staatssekretär begrüßte außerordentlich den Schulterschluss der landwirtschaftlichen Verbände Bauernverband M-V und BDM e.V. M-V und beschrieb die Vorgehensweise, gemeinsam mit dem Landwirtschaftsministerium eine Position zu vertreten, als Erfolg.

Frau Dr. Krüger, Geschäftsführerin RinderAllianz, schilderte die Strukturveränderungen in Bezug zur Krise auf dem Milchmarkt. „Die Krise auf dem Milchmarkt kommt bei uns als Dienstleister zeitlich versetzt an“, betonte Frau Dr. Krüger. „Nicht nur der Preisverfall bei der Milch führt zu Einkommensverlusten, sondern auch der Zuchtviehpreis ist eng an den Milchpreis geknüpft und bietet in schlechten Zeiten keinen Ausgleich“, ergänzte sie. Die Zahlen der Betriebsaufgaben sind besorgniserregend. Im RinderAllianz-Gebiet (Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt) haben im Zeitraum vom 30.09.2015 bis 30.09.2016 127 Betriebe die Milchviehhaltung eingestellt. Die Geschäftsführerin stellte an die Podiumsteilnehmer die Frage: „Was machen wir? Bleibt alles wie es ist?“. Im ländlichen Raum ist die Landwirtschaft großer Arbeitgeber und starke Veränderungen würden zu einem Verlust an Vitalität führen.

Für Detlef Kurreck, Präsident des Bauernverbandes M-V, war es auf der Veranstaltung wichtig, dass aus der Krise die richtigen Lehren gezogen werden. „Ziel muss sein, mit allen Bauern ins Gespräch zu kommen, denn die Krise hat die gesamte Landwirtschaft erfasst“, argumentierte er. Dabei bezog sich Kurreck auf die Diskussion zur GAP Reform nach 2020 und kritisierte die Förderung der ersten Hektare, die Umschichtung von der ersten in die zweite Säule. Für ihn müssen die Positionen verbandsübergreifend erarbeitet werden. Aus seiner Sicht war es bei der Tagung wichtig, dass auf dem Feld das Geld mit Arbeitskräften verdient wird und nicht anstelle von Entschädigungen. Von der Politik forderte Kurreck einen Werkzeugkasten, der parat ausgerüstet für die nächste Krise sei. Aus seiner Sicht müssen die Verantwortlichen in Brüssel mit den eingelagerten 400.000t Milchpulver sehr verantwortungsvoll umgehen, dass die kleine Preiserholung auf 30 Cent nicht abgewürgt wird. Auf Fragen aus dem Publikum zur Andienungspflicht antwortete der Bauernverbandspräsident, „das ist Sache der Genossenschaften und die werden sich nicht vom Bauernverband etwas sagen lassen“.

Dr. Karin Jürgens, Leiterin des Büros für Agrarsoziologie, ging auf dem Milchbauerntag mit ihrem Marktreview der Frage nach, ob es gerechtfertigt war, dass die Erzeugerpreise so stark abgesackt waren. Zunächst erklärte Jürgens, dass die großen Milcherzeugerländer in der EU Deutschland und Niederlande die Milchproduktion expansiv ausgeweitet haben (Deutschland von 2013-2016 um 5,5 % und Niederlande um 20%). Bei Magermilchpulver setzten alle EU-Länder auf Masse um die Exporterlöse zu erhöhen – bei durchgängig stark gefallenen Kilopreisen. Dies hatte einen bedeutenden Einfluss auf den Abfall der Erzeugerpreise in der gesamten EU. Aber auch die Mehrerlöse für Butter sowie Milch & Rahm wurden auf EU Ebene zum Preis abgefallener Kilopreise erwirtschaftet. Deutschland war vor allem bei Käse vom Russlandeinfuhrstopp betroffen. Ersatzexporte nach Japan, Korea und die USA gelangen erst zu 2015 und konnten die Exportverluste nicht voll ausgleichen. Die dadurch im Drittlandexport stark gefallenen Käsepreise (-12%) hatten sicher Einfluss auf den Absturz der Milchauszahlungspreise in Deutschland. Real betrachtet hat sich die Milchindustrie nicht auf die Mengenausdehnung vorbereitet und so einen großen Anteil am extremen Erzeuger-Preisverfall gehabt. Diese „deutsche Billig-Käse-Schwemme“ begründet den extremen Erzeuger-Preis-Verfall in Deutschland mit. Insgesamt führte die starke Mengenausdehnung im Verbund mit einer sehr schlechten Wertschöpfung bei allen wichtigen Exportprodukten zu einem Preisverfall.

Peter Guhl, Vorstand MEG Milch Board, betonte auf der Veranstaltung „Es reicht!“. Die Agrarminister der Länder haben zwar endlich erkannt, welche Maßnahmen zur Verhinderung weiterer Milchkrisen helfen könnten. Aber Lehren wurden nicht gezogen und an einem dauerhaften Kriseninstrument wurde auch nicht weiter gearbeitet. Weiter beschrieb Guhl die Situation auf bundespolitischer Ebene, dass Bundesminister Schmidt noch immer klar formulierte Handlungsaufträge ignoriert. Inzwischen scheiterte auch seine Initiative zur Gründung einer Branchenorganisation, was einer agrarpolitischen Bankrotterklärung anzusehen ist, so Guhl. Genossenschaftsverbände und die Führung der genossenschaftlichen Molkereien lehnen weiterhin jede Veränderung ab. Für den MEG Vorstand muss sich aber etwas Grundlegendes auf dem Milchmarkt ändern. Aus diesem Grund forderte Guhl, dass die Hindernisse für die Wirksamkeit eines funktionierenden Wettbewerbs beseitigt werden müssen. „Es gilt verbindliche Regeln aufzustellen, bei denen die Milchviehhalter nicht die Risiken des Marktes alleine tragen“, betonte er weiter. Abschließend appellierte Peter Guhl an die Politik, wirkungsvolle Instrumente zur Mengenrückführung in Krisenzeiten zu installieren.

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Video – Milchbauerntag: Preiskrise hält an

 

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