Milchbauern treffen sich zur Stallbesichtigung

Rund 100 Besucher waren der Einladung des BDM Roth zur Stallbesichtigung nach Kühedorf auf dem Hof der Familie Hechtel gefolgt. Bei strömenden Regen fand dabei sowohl die Besichtigung als auch der anschließende Grillabend im Rohbau des neugebauten Milchviehstalles statt.

Nach der Begrüßung durch den Kreisvorsitzenden Manfred Gilch stellte der Betriebsleiter, Werner Hechtel, seinen Milchviehbetrieb kurz vor. So werden bisher im Anbindestall 40 Milchkühe mit weiblicher Nachzucht gehalten. Neben der Milcherzeugung gilt der Kartoffelanbau als weiteres Standbein, jedoch mit zurückgehender Anbaufläche von zuletzt noch 13 ha. Die Entscheidung für einen Stallneubau oder alternativ den Anbindestall zu renovieren wurde dabei in der Familie schon einige Zeit diskutiert. Ausschlaggebend für den Schritt des Stallneubaus war letztlich die Bereitschaft von Sohn Sebastian Hechtel, den Betrieb übernehmen und weiterführen zu wollen. Im anschließenden Rundgang erklärte der Betriebsleiter Werner Hechtel den Neubau, der zukünftig Platz für 70 Milchkühe und weitere 40 Stallplätze für trächtige Kalbinnen bietet. Das freitragende Stallgebäude ist von der Fa. Wolfsystem erbaut. Die sonstige Aufstallung, wie der Laufhof, Liegeboxen, Fressgitter usw. wurde durch die Fa. Hartmann geplant und demnächst fertiggestellt. Beim Melksystem entschied sich die Familie Hechtel für einen Doppel-7er Fischgrätenmelkstand und bewußt gegen einen Melkroboter. „Entscheidend war für uns“, so Werner Hechtel, „dass wir nicht bereit wären, künftig 24 Stunden im Standbymodus für den Roboter da zu sein, um evtl. Störungen zu beheben“. Besonders bemerkenswert war aber das abschließende Fazit von Werner Hechtel über den bisherigen Bauablauf und den gemachten Erfahrungen mit Firmen und Behörden: „Ich habe schon einige Bauten in meinem Betrieb erledigt, aber die Auflagen und Hürden die mittlerweile bei einem Stall- und Güllegrubenbau zu erfüllen sind, sind oftmals unerklärlich“ so der Betriebsleiter. Es braucht nahezu für jedes verbaute Material ein Prüfzeugnis mit behördlicher Genehmigung, kritisierte Hechtel. Abschließend bedankte sich BDM Kreisvorsitzender Gilch für die interessante Führung und beglückwünschte die Familie Hechtel zu dem bisher gelungenen Bauprojekt.

Im Anschluss setzten sich die Besucher auf dem künftigen Futtertisch, der mit Biertischgarnituren bestuhlt war noch zu einem Imbiss zusammen. Dabei berichteten BDM Vorstandsmitglied Johannes Pfaller und Landesvorsitzender Manfred Gilch über die aktuelle Marktsituation und den derzeitigen Verbandsaktivitäten. So zeigte Gilch in seinem Vortrag auf, wie sensibel der Milchmarkt wieder einmal auf geringe Mengenveränderungen derzeit reagiere. Ein Produktionsrückgang in Europa von knapp 2 % gegenüber dem Vorjahr war einer der Hauptursachen für den weltweiten Anstieg der Milchpreise von 35 auf derzeit über 55 Cent. „Hierin sieht sich der BDM einmal mehr in seiner Verbandsarbeit bestätigt“, so der Kreisvorsitzende, „dass es für eine bessere Wertschöpfung, mehr Markteinfluss der Milchbauern auf die Vermarktung und das gesamte Marktmanagement der Rohmilch braucht“. Insbesondere die ständig steigenden Auflagen, welche die EU Kommission mit der Initiative „Farm to Fork und Green Deal“ für die Bauern beabsichtigt, werden die Produktion durch schärfere Auflagen weiter verteuern. „Umso wichtiger wird es für uns Milchbauern, Vermarktungskonzepte zu entwerfen und einzufordern, die es erlauben unsere gestiegenen Kosten über höhere Milchpreise weitergeben zu können,“ so Gilch. Die ersten Gespräche mit dem neuen Bundeslandwirtschaftsministerium, welches sich zu diesem Thema aufgeschlossener zeigt als die Vorgängerregierung, sind hierzu noch sehr zögerlich verlaufen. Politische Arbeit ist im Gegensatz zu der Arbeit von uns Bauern, extrem träge, so abschließend Kreisvorsitzender Gilch.
Johannes Pfaller schilderte kurz die dramatische Situation, die die holländischen Bauern derzeit durchleben. Obwohl uns Bauern von Experten und Agrarökonomen das holländische Landwirtschaftsmodell mit intensivster Produktion durch möglichst wenig Futterfläche immer als hocheffizient und kostengünstig angepriesen wurde ist jetzt genau dieses Agrarmodell krachend gescheitert“, so Pfaller. Die holländische Politik sieht sich gezwungen durch den zu hohen Viehbesatz und regional hoher Umweltbelastungen, mindestens 30 % der Bauern über Ausstiegsprogramme zum Aufgeben zu bewegen. Schuld an dieser Entwicklung, so Pfaller, sind nicht die Bauern, sondern eine fehlgeleitete EU Agrarpolitik, die die Bauern ins immer stärkere Wachstum zum Überleben drängte. Daher braucht es eine Agrarpolitik bei der die Bauern deutlich mehr Marktgewicht und Markteinfluss als bisher haben, um auch künftig eine faire und nachhaltige Lebensmittelproduktion zu gewährleisten.
Mit der Überreichung der Plastikkuh „Faironika“ als Gastgeschenk, bedankte sich abschließend der BDM Kreisvorsitzende bei der Familie Hechtel für die Gastfreundschaft und die interessanten Einblicke bei der Stallbesichtigung.


(v.l.n.r.)
Gilch Manfred, Werner Hechtel, Sebastian Hechtel. Maria Hechtel, Elijas Hechtel und Johannes Pfaller.

(v.l.n.r.)
Johanndes Pfaller, Sebastian Hechtel, Maria Hechtel, Elijas Hechtel, Werner Hechtel, Sophia Hechtel und Gilch Manfred