Zu diesem Fazit kam der Europaabgeordnete der ÖDP, Prof. Klaus Buchner, anlässlich eines Besuchs auf dem Hof von BDM-Landkreisvorsitzenden Martin Kiening im oberbayerischen Markt Indersdorf.Nach dem Betriebsrundgang, der den EU-Parlamentarier bei strahlendem Sonnenschein u.a. durch den, 70 Milchkühe beherbergenden Laufstall und vorbei an den Kälberiglos führte, stand der weite Bogen der Agrarpolitik im Zentrum des nahezu zweistündigen Gesprächs.
BY: MdEP Prof. Klaus Buchner: „Wir brauchen eine andere Agrarpolitik“
Schnelle Einigkeit bestand in der Analyse, dass das krisenbedingt angehäuft und eingelagerte Milchpulver auf keinen Fall in Schwellen- und Entwicklungsländer exportiert werden dürfe. Ein solcher Export würde die örtliche Landwirtschaft in diesen Ländern äußerst belasten und somit viele entwicklungspolitische Maßnahmen der EU ad absurdum führen. In Zukunft müsse es vielmehr Ziel der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) sein, nicht solch exorbitanten Übermengen, die dann auf Kosten der europäischen Steuerzahler aus dem Markt gekauft und eingelagert werden müssen, überhaupt zu produzieren. Eine solche Überproduktion sei nicht nur aus wirtschaftlichen, sondern auch aus Achtung für die Arbeit der Landwirte und die Leistung der Tiere ethisch nicht zu vertreten, so Buchner. Dies bezog er allerdings nicht nur auf Milchprodukte – auch das zunehmende Verramschen von Schweine- und Geflügelfleisch seien ein Skandal, der früher oder später katastrophale Folgen haben werde, so der Münchener EU-Abgeordnete.
Im Folgenden berichtete Buchner zu seiner Tätigkeit als Berichterstatter zum geplanten (aber noch in den Kinderschuhen steckenden) Freihandelsabkommen zwischen der EU und Australien sowie Neuseeland. Die klimatisch bedingten Wettbewerbsvorteile der dortigen Milchindustrie dürften nicht zu einer neuen Exportschwemme von Milchprodukten in Richtung EU führen. Ebenso müsse beachtet werden, dass Nahrungsmittel keine Produkte wie Schrauben oder Schuhe seien. Globale Export- und Importströme und Spekulation mit Lebensmitteln müssten daher durchaus kritisch hinterfragt werden, so die Anwesenden einmütig. Man beschloss gemeinsam in Bezug auf das geplante Freihandelsabkommen weiterhin im Gespräch zu bleiben und trotz keiner prinzipiellen Absage an freien Handel die Diskussion weiter zu begleiten.
Grundsätzliche Kritik übte Buchner am aktuellen System der EU-Agrarpolitik. Mit ordentlichen Kriseninstrumenten und einer entsprechenden Marktbeteiligung der Erzeuger von landwirtschaftlichen Produkten könne ein kostendeckendes Einkommen erzielt werden, so der ÖDP-Abgeordnete. Betriebsleiter Martin Kiening unterstrich für die Milcherzeuger, dass ein kostendeckender Milchpreis und damit die Bewirtschaftung des Hofes vom eigenen Produkt das Ziel und das Verlangen der Milcherzeuger seien. Die teilweise Preiserhöhung für Rohmilch sei hier überfällig, allerdings noch immer nicht kostendeckend und schon gar nicht in der Lage die Verluste aus 2015/2016 auszugleichen. Prof. Buchner, der sich trotz seines universitären Hintergrunds kenntnisreich über den Fruchtanbau und die Viehfütterung informierte und sich in seiner ersten Legislaturperiode im Europäischen Parlament schon eine beeindruckende Fachkenntnis angeeignet hat, unterstrich im Abschluss des Gesprächs, sich weiterhin für die Interessen der Milchviehhalter einzusetzen.
Aufgrund der mannigfaltigen Einflussmöglichkeiten von Vertretern des Nahrungsmittel- und damit auch Milchindustriesektors auf die Kommission muss es Zweck der Zivilgesellschaft sein, die gemeinsamen Interessen zu bündeln und somit ein Gegengewicht zu den Organisationen des landwirtschaftlich-industriellen Sektor zu bilden, so Prof. Buchner am Schluss des gut zweistündigen Gesprächs.