Zu diesem Ergebnis kam eine BDM-Delegation aus den Landkreisen Augsburg und Aichach / Friedberg im Gespräch mit dem CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber im seinem Augsburger Büro. Im Zentrum der Diskussion stand in Anbetracht der existenzgefährdenden Krise die aktuelle Situation und der Ausblick auf dem Milchmarkt und die Ausgestaltung des EU-Sicherheitsnetzes. Sowohl Intervention, als auch private Lagerhaltung böten im Idealfall nur die Chance, dass Marktgeschehen ein Stück weit zu glätten, dies allerdings mit dem Risiko, eine Markterholung durch Auslagerung wieder zu konterkarieren. Ebenso einig war sich die Runde in der Skepsis gegenüber den aktuell ausgereichten Liquiditätsdarlehen. Diese ändern nichts an den Krisenursachen und seien keine systematische Lösung für den Milchmarkt, so Ferber und die Milcherzeuger einmütig.
BY: Deutliche Mängel im „Sicherheitsnetz“
Hier waren bedauerlicherweise die Gemeinsamkeiten erschöpft. Gegenüber einem staatlich kontrollierten Markteingriff im Krisenfall verwehrte sich der langjährige Parlamentarier, konnte allerdings bis auf den Verweis auf eine Absatzoffensive auch keinerlei eigene Lösungen präsentieren. Ferber sah im Programm zur Management von Marktkrisen vor allem ein protektionistisches Instrument und eine Absage an den Weltmarkt. Ein Vorwurf, den die anwesenden BDM-Mitglieder mit Verweis auf den Einsatz des Instruments ausschließlich in Krisenzeiten entkräften konnten. Ebenso sei die Idee einer Absatzoffensive nicht vollkommen falsch, so Johann Breitsameter, Milchviehhalter aus Aichach. Es müsse allerdings beachtet werden, dass – bedingt durch günstigen Eurokurs und extrem niedrige Milchauszahlungspreise – aktuell schon die Exporte vor allem auf Kosten der Milcherzeuger befördert würden und
In Bezug auf die Ursachen der Krise sah Ferber diese vor allem im abgekühlten Asiengeschäft mit Milchprodukten und dem plötzlichen russischen Importverbot. Dem Verweis der Milchviehhalter auf die extrem gestiegene EU-Milchmenge wollte sich Ferber nur widerstrebend anschließen, sagte jedoch zu, die EU-Kommission in Bezug auf die europäische Milchmenge und den Umgang mit der aktuellen Krise anzuschreiben. Persönlich gestand Ferber den Anwesenden durchaus Sympathie für ein Konzept des Mengenmanagements ein und kritisierte die EU-Milchpolitik des vergangenen Jahrzehnts. Vom Beschluss des Quotenendes bis hin zum blinden Glauben an ein „soft landing“ sei in diesem Politikbereich sehr viel schiefgelaufen, so Ferber.
In Folge dieser verfehlten Politik sei nunmehr auch in Süddeutschland vermehrt der Trend zu beobachten, dass fachfremde Investoren auf der Suche nach sicheren Investitionsobjekten in prekäre Bereiche der Landwirtschaft einstiegen und sich somit eine Verschiebung des Produktionsfaktors „Grund und Boden“ ankündige, so die Augsburger BDM-Teamleiterin Wally Meitinger. Eine Entwicklung, die auch ihm Sorgen bereite, da dies die bäuerliche Landwirtschaft in Bayern aufs Schärfste gefährde, so der EU-Parlamentarier.
Den Gedanken einer besseren Vermarktung und einer besseren Marktstellung der Milcherzeuger thematisierte Ferber ebenso. Hier machten ihm die Praktiker jedoch deutlich, dass in der aktuellen Situation die Krisenbekämpfung absoluten Vorrang haben müsse, da es bei einem Preisniveau von deutlich unter 30 Cent keine Hilfe sei, die Lieferverträge selbst aushandeln zu können. Sollten kostendeckende Preise erreicht sein, sei es aber essentiell notwendig, die Marktstellung der Erzeuger zu stärken und diesen somit ein Verhandeln auf Augenhöhe zu ermöglichen.
Ein weiterer strittig diskutierter Punkt war das geplante transatlantische Freihandelsabkommen TTIP. Hier äußerte der CSU-Parlamentarier, abseits von der ab und an suggerierten Ablehnung seiner Partei, Zustimmung zum geplanten Abkommen, da dies auch die Marktchancen von europäischen Milchprodukten vergrößere. Eine Position, die von den anwesenden Milcherzeugern aufgrund der diametral unterschiedlichen Produktionsweisen in der EU und den USA, sehr skeptisch aufgenommen wurde.
Schlussendlich kamen die anwesenden Milchviehhalter zu dem Schluss, dass die Krise in den Kreisen der Europapolitik noch immer nicht in ihrer Dimension vollständig angekommen ist. Zu offen war die Konzeptlosigkeit der Europapolitik im Angesicht einer Krise, die die 2009er deutlich übertrifft, zu erkennen. Trotz der mannigfaltigen Herausforderungen, denen sich die EU momentan stellen müsse, könne man mehr erwarten als Sonntagsreden von guten Lebensmitteln und mittelständischer Landwirtschaft im Angesicht der tatsächlichen Taten- und Konzeptlosigkeit im Milchbereich, so Meitinger abschließend.