(Freiburg) Die Milchviehhalter des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter BDM e.V. begleiteten am 13. Januar den Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel anlässlich des Festakts zum 125. Geburtstag von Walter Eucken in Freiburg mit einem (zunächst) „Stillen Protest“. Die Milchviehhalter bildeten ein Spalier mit Plakaten und Schleppern, um die Bundeskanzlerin zu empfangen. Obwohl der Festakt mit der Stallzeit kollidierte, war es vielen Bäuerinnen und Bauern wichtig, vor Ort zu sein.
BW: Protest-Aktion der Milchviehhalter bei Merkel-Besuch in Freiburg
Sie machten deutlich, dass sie sich als Produzenten eines so wichtigen Lebensmittels wie Milch von der Politik der Bundesregierung faktisch verraten und verkauft fühlen. Seit Jahren hat man verabsäumt, wichtige Rahmenbedingungen für den Milchmarkt so zu gestalten, dass die Milchviehhalter tatsächlich als echte Marktteilnehmer in einem freien Markt bestehen können und Verantwortung für ihren Markt übernehmen können. Gerade jetzt in der aktuellen Milchkrise führt dies zu immensen Wertschöpfungsverlusten für die Milchviehhalter. „Laufen lassen, nichts tun und wenn es ganz eng wird, ein wenig Geld zuschießen – das ist für die aktuelle Milchmarktpolitik der Bundesregierung charakteristisch“, kritisiert BDM-Vorsitzender Romuald Schaber. „Keinerlei Gestaltungswillen und das Ignorieren von offen zu Tage tretenden Missständen im Markt durch die Politik kostet immer mehr Milchviehhalter die Existenz.“
Selbst den Erkenntnissen des Bundeskartellamts, das schon 2012 in seiner Sektoruntersuchung Milch ein eklatantes Marktmachtgefälle zu Ungunsten der Milchviehhalter festgestellt hat, folgten bisher keine Taten der Bundesregierung, die hier gegensteuern würden. Damit ist die wichtige Funktion des Kartellamts als Wettbewerbshüter, das ihr nach dem Leitbild von Walter Eucken zukommt, praktisch nicht erfüllt. Zur Folge hat dies, dass insbesondere in Milchmarktkrisen die Milchviehhalter das Verlustrisiko praktisch alleine tragen. „Wer den Nutzen hat, muss auch den Schaden tragen“ lautete ein wichtiges Prinzip Walter Euckens. Davon ist man im Milchmarkt aktuell meilenweit entfernt. Die Milchmarktpolitik der Bundesregierung ist vor allem auf die Profitinteressen die Konzerne der Lebensmittelindustrie ausgerichtet. Die Verluste werden hingegen auf die Milchviehhalter als schwächstem Glied in der Wertschöpfungskette abgewälzt.
„Das ist untragbar und ganz sicher nicht im Sinne Walter Euckens, der hier geehrt werden soll“, erklärt Matthias Maier, Milchviehhalter aus Kirchzarten und stellvertretender BDM-Teamleiter. „Die Bundesregierung muss daher das Sicherheitsnetz für den Milchmarkt so gestalten, dass die Milchviehhalter in die Lage versetzt werden, in Milchmarktkrisen überflüssige Mengen organisiert erst gar nicht zu produzieren, damit sich die Preise auf dem Markt erholen können“, so die Forderung Maiers. „Gleichzeitig müssen endlich Taten folgen, die die Marktstellung der Milchviehhalter wirklich nachhaltig verbessern.“
Da die Bundeskanzlerin die Milchviehhalter bei ihrer Anreise praktisch ignorierte, schlug der „Stille Protest“ bei ihrer Abreise schließlich doch noch in einen deutlich vernehmbaren Protest um. Mit einem wirklich lauten Hupkonzert wurde sie von den Schleppern in die Nacht geleitet.
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