Wie geht es weiter mit der Landwirtschaft in Deutschland, insbesondere in Mecklenburg-Vorpommern? Wer vertritt zukünftig die Interessen der Landwirtschaft in Schwerin und Berlin?
Um Antworten auf diese und andere aktuelle Fragen zu finden, lud der Landesvorstand des BDM in Mecklenburg-Vorpommern mit Unterstützung der Freien Bauern, dem LsV Mecklenburg-Vorpommern und der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V. (AbL) Mecklenburg-Vorpommern/ Brandenburg zu einem Betriebsrundgang mit anschließender Podiumsdiskussion ein.
Die Veranstaltung fand am Montag, den 06.09.2021 auf dem Betrieb von Jan Rüße in Klocksin, statt.
BDM-Mitglieder aus Mecklenburg-Vorpommern fordern klare Worte von der Landespolitik
Der gemeinsamen Einladung der vorgenannten Verbände waren mehr als 50 interessierte Gäste gefolgt. Sehr gefreut haben wir uns über die Teilnahme der Familie Minnameier, BDM-Mitglied aus dem bayerischen Pfofeld, die auf der Heimfahrt aus dem Urlaub einen Abstecher nach Klocksin machte.
Georg Maas, Sprecher im BDM-Landesvorstand, begrüßte pünktlich um 10.00 Uhr alle Anwesenden und brachte seine Freude über das große Interesse zum Ausdruck.
Anschließend übernahm der Betriebsleiter Jan Rüße das Wort. Nach einer kurzen persönlichen Vorstellung ging es durch die Stall- und Siloanlagen über den Hof. Nicht ohne Stolz berichtete Jan Rüße über seinen Betrieb, den er vor Jahren von seinem Vater, Friedrich Rüße, Mitglied im BDM-Bundesbeirat, übernahm. Am Standort Klocksin werden 280 Milchkühe von vier Melkrobotern 3x täglich gemolken. Die Milchleistung liegt bei 12.000 kg Milch/ pro Kuh, Kälber und Jungvieh werden an einem anderen Standort gehalten.
Der Betrieb bewirtschaftet 550 ha und ist neben der Milchviehhaltung mit einem Lohnunternehmen, der Vermarktung von Brennholz und der vor kurzem gestarteten Direktvermarktung vielfältig aufgestellt. Dennoch ist sich Jan Rüße unsicher, ob er einem seiner drei Kinder die Hofübernahme raten und empfehlen kann. Auch seinen solide geführten und gesunden Betrieb stellt der seit Jahren zu geringe Milchpreis zunehmend vor größere Herausforderungen. Als einen Missstand prangerte der Betriebsleiter dabei vor allem an, dass es für den Milchhandel keinen freien Markt gibt. Jede langfristige Investition, Rüße plant den eventuellen Bau einer Hofbiogasanlage, muss intensiv abgewogen werden, da in der Politik häufig kurzfristige Änderungen auf der Tagesordnung stehen. Genau aus dem Grund war er an diesem Tag auf die Antworten der Politiker gespannt.
Nach dem einstündigen, sehr interessanten Betriebsrundgang wurde in die Maschinenhalle zur Podiumsdiskussion gebeten. Hier erwartete Peter Guhl als Moderator der Diskussion die Gäste.
Unserer Einladung waren die Kandidierenden zur Landtagswahl
–Elisabeth Aßmann (SPD) und
–Claudia Schulz (Bündnis 90/ Die Grünen) sowie
Dr. Mignon Schwenke (Die Linke, Mitglied im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern), Marco Gemballa (Mitglied im Landesvorstand der CDU in Mecklenburg-Vorpommern) und Daniel Bohl (FDP, Kandidat für die Bundestagswahl) gefolgt.
Peter Guhl stellte mit einer persönlichen Note die Podiumsgäste nacheinander vor und bat diese dann um eine kurze Stellungnahme zum ersten Themenkomplex – dem Milchmarkt.
Während Elisabeth Aßmann (SPD) es sehr bedauerte, dass sich für Kriseninstrumente auf Bundesebene keine Mehrheiten finden, sprach sich Marco Gemballa von der CDU gegen ein politisch gelenktes Mengenmanagement aus. Die CDU favorisiere nach wie vor die Intervention und die private Lagerhaltung als ausreichende Instrumente in Krisenzeiten.
Klar äußerte sich Claudia Schulz von den Grünen, die das Krisenmarktmanagementmodell des BDM unterstützen. Für die Umsetzung sei aber der „politische Wille“ erforderlich. Dr. Mignon Schwenke von den Linken stellt sich die Frage, ob das Konzept des BDM umsetzbar ist. So ganz hat es sich ihr noch nicht erschlossen. (Georg Maas bot in seinen abschließenden Worte zum Ende der Veranstaltung gerne die Unterstützung des BDM zum besseren Verständnis an.) Die weitere Frage der Linken-Politikerin, wie eine markt- und bedarfsgerechte Produktion umgesetzt werden kann, beantwortete Peter Guhl mit dem Artikel 148 GMO (Erfordernis einer vertraglichen Einigung vor Produktion über Preis, Menge, Qualität). Ansonsten stehe die Linke für eine regionale und ökologische Landwirtschaft: „Wochenmarkt statt Weltmarkt“. Daniel Bohl von der FDP stellte heraus, dass seine Partei einer Marktregulierung skeptisch gegenüber steht. Seiner Auffassung nach regelt der Markt den Preis. Er betonte, dass nicht der Milchpreis das Problem ei, sondern die enorm gestiegenen Kosten.
In einer zweiten Diskussionsrunde ging es um Umweltthemen, besonders um die Ausweisung „Roter Gebiete“ trotz fehlerhafter Messstellen in Mecklenburg-Vorpommern. Dr. Mignon Schwenke betonte, dass Wasserschutz eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei und die Bundesregierung das Thema „verschlafen“ habe, trotz mehrfach erfolgter Ermahnungen durch die EU. Für die Grünen ist in diesem Bereich das Verursacherprinzip entscheidend. Fakt sei, die Umweltbelastung mit Nitrat ist zu hoch, es muss gehandelt werden. Hierbei müssen die Landwirte aber unbedingt mitgenommen werden. Elisabeth Aßmann teilte mit, dass kritische Messstellen „unter die Lupe genommen“ werden. Für CDU und FDP ist eine Überprüfung der Messstellen unbedingt erforderlich, es muss Transparenz für die landwirtschaftlichen Betriebe geschaffen werden.
Anschließend hatte das Publikum Gelegenheit, Fragen an die Podiumsgäste zu richten. Helmut Peters von der AbL forderte die Politiker am Ende der Veranstaltung deutlich zu mehr Mut auf!
Insgesamt zeigten sich der Landesvorstand des BDM und die ihn unterstützenden Verbände mit der Veranstaltung zufrieden. Es war wichtig, auf einem Milchviehbetrieb vor Ort über die aktuellen Probleme mit den Landespolitikern zu diskutieren und unsere Forderungen klar zu formulieren. Hier müssen wir am Ball bleiben und bei der neuen Landesregierung nach der Wahl auf Lösungskonzepte drängen. Ein ganz herzliches Dankeschön geht an den gastgebenden Betrieb Jan Rüße und an seinen Vater, Friedrich Rüße, in Klocksin!