Die Aktion des zur Rewe-Group gehörenden Discounters Penny, für neun ausgewählte Produkte einen wissenschaftlich berechneten Preisaufschlag für ökologische Auswirkungen, die die Herstellung dieser Produkte verursachen, in den Verkaufspreis einfließen zu lassen, greift nach Ansicht des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter in seiner schlagwortartigen Begründung zu kurz und lässt so den Eindruck entstehen, als wäre in erster Linie die Landwirtschaft dafür verantwortlich.
Penny-Projekt „Wahre Preise“: Nachdenken über das gesamte Lebensmittelsystem ist nötig!
Auch die Tatsache, dass die Mehrerlöse komplett dem Projekt „Zukunftsbauer“ der Molkerei Berchtesgadener Land eG zugutekommen sollen und der Discounter noch 50.000 Euro obendrauf legen will, „heilt“ diesen Eindruck nicht wirklich.
„Natürlich steht hinter der Aktion des Discounters vor allem ein Marketing-Gedanke, das legt auch der Aktionszeitraum von einer Woche nahe. Die Aktion schlägt hohe mediale Wellen und muss von uns als Bäuerinnen und Bauern genutzt werden, um die Diskussion darüber zu führen, wo die wahren Gründe für die fehlende Einpreisung von „wahren Kosten“ für die Herstellung von Lebensmitteln liegen“, erklärt BDM-Vorstandsvorsitzender Karsten Hansen. „Unser Kritikpunkt ist vor allem die zu eingeschränkte und schlagwortartige Begründung der „wahren Kosten“. Zu den „wahren Kosten“ zählt beispielsweise auch der Substanzverlust unserer Betriebe, wenn wir mit ständiger Kostenunterdeckung wirtschaften sollen. Da hilft auch die kleine finanzielle Zuwendung durch Penny an ein bäuerliches Projekt nicht.
Insgesamt sollte die Aktion aus unserer Sicht vor allem dazu aufrufen, über das herrschende Lebensmittelsystem zumindest nachzudenken. Hauptverantwortlich für diese Situation ist die fehlgeleitete Ausrichtung der Agrar- und Ernährungspolitik auf eine Versorgung der Verarbeitungs- und Ernährungsindustrie mit billigen Rohstoffen“, so Hansen weiter.
„Ein nicht unerheblicher Teil der „wahren Kosten“ entsteht in den vor- und nachgelagerten Bereichen der Milcherzeugung. So wird rund ein Fünftel der in der EU benötigten Futtermittel aus Drittländern importiert. Neben den Transportimmissionen sind auch die dortigen Produktionsverhältnisse, die häufig aus ökologischer und sozialer Sicht zumindest fragwürdig sind, zu berücksichtigen. In den weitergehenden Verarbeitungsprozessen der von uns erzeugten Agrarprodukte entsteht ein großer Energie- und Ressourcenverbrauch, um diese wiederum für den globalen Wettbewerb haltbar zu machen. Die Beschickung globaler Märkte verursacht zusätzlich immense Transportimmissionen.
Auch der Lebensmitteleinzelhandel „geizt“ nicht mit aus Umweltsicht mehr als bedenklichen Praktiken, wenn man beispielsweise an die aufwändige Plastikverpackung schon kleiner Mengen Käse denkt. Auf den wenigsten Dächern der Discounter befinden sich Energieerzeugungsanlagen, unzählige Kühlaggregate blasen warme Luft in die Atmosphäre“, benennt Hansen nur einige problematische Vorgänge in der Lebensmittelkette. „Alle durch diese oft unsinnigen Herstellungsprozesse verursachten „wahren Kosten“ werden gerne der Landwirtschaft zugeschrieben, das entspricht jedoch nicht der Realität.“
„Wir Bäuerinnen und Bauern sollten, gerade wenn wir das Gefühl haben, dass durch solche Aktionen ein falscher Eindruck erweckt wird, viel mehr Energie darauf verwenden, immer wieder auf die Missstände hinzuweisen, die durch die politischen Marktrahmenbedingungen verursacht werden“, appelliert BDM-Vorstand Manfred Gilch an seine Kollegen.