Zum ersten Mal seit 3 Jahren konnte wieder der traditionelle Milchbauernabend auf Kloster Reutberg im oberbayerischen Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen stattfinden.
Kontroverse Töne auf dem Reutberg
Zu diesem Ereignis hatten sich nahezu 500 Milchbäuerinnen und Milchbauern eingefunden und erwarteten die Reden der geladenen Referenten. Bedauerlicherweise konnte die bayerische Agrarministerin Michaela Kaniber aus Krankheitsgründen nicht die zugesagte Festrede halten. Trotzdem sorgte sie kurzfristig mit ihrem Kabinettskollegen, dem bayerischen Staatsminister der Finanzen und für Heimat, Albert Füracker, für einen adäquaten Ersatz.
Nach der Begrüßung durch Landkreisvorsitzenden Johann Hainz ergriff Staatsminister Füracker das Wort und berichtete von seinem Blick auf die Agrarpolitik. Nicht überraschenderweise lobte er dabei die bayerische Staatsregierung ausgiebig und ging auch auf seine berufliche Herkunft in der Landwirtschaft ein. Seit dem Jahr 1987 habe er mit der Milchpolitik zu tun gehabt und könne sich auch heute noch kein abschließendes Urteil über die Milchpolitik fällen. Grundsätzlich sei er damals immer ein Anhänger der Milchquote gewesen. Andererseits habe es aber auch schon zu damaligen Zeiten Betriebsaufgaben gegeben.
Mehrfach stellte der Staatsminister fest, dass landwirtschaftliche Produkte ein kostendeckendes Preisniveau erzielen müssten – leider ließ er dabei jegliche Überlegungen, wie sich die Staatsregierung einen Weg in diese Richtung vorstellen könne, vermissen. In Vorbereitung auf den Milchbauernabend habe er sich auch mit den Überlegungen und Forderungen der BDM Sektorstrategie eingehend befasst, so Füracker. Ein abschließendes Urteil aber, welche Marktwirkungen dabei eintreten und wie sich dies politisch umsetzen lässt, kann er derzeit noch nicht abschließend bewerten, so der Minister. Die üblichen, für eine Regierungspartei verständlichen Bekenntnisse Zukunft der bayerischen Landwirtschaft konnte Füracker im Folgenden sehr gut referieren. Neben einem grundsätzlichen Misstrauen gegenüber dem Verbraucher nahm er hier auch ausgiebig die Berliner Koalition ins Visier. Sowohl die geplante Tierwohlkennzeichnung als auch das Verbot von Verbrennungsheizungen erzürnte ihn zutiefst. Leider blieb die Rede des Staatsministers auf diesem Niveau hängen und man konnte kein in innovatives Gedankenkonstrukt der Staatsregierung in Bezug auf den Milchmarkt erkennen.
Selbstverständlich waren auch Ansprachen an die Problematik von Wolfsübergriffen und der Biberproblematik in der Rede des Staatsministers enthalten. Auch nach diesen populären Punkten war der Applaus überschaubar.
Nach dem Vertreter der Staatsregierung übernahm der Vorsitzende das Bund Naturschutz in Bayern, Richard Mergner, das Mikrofon und konnte es sich nicht verkneifen, mit einem sehr aggressiven Satz die Wolfsproblematik und auch die Biberproblematik zu betonen. Das ablehnende Echo aus dem Festzelt war ihm damit sicher.
In der Folge betonte Mergner allerdings die durchaus vorwärtsgewandte Position des Bund Naturschutz, der durchaus Interesse an einem gesunden und bäuerlich organisierten Bauernstand habe. Auch die Forderung nach kostendeckenden Erzeugerpreisen gerade im Bereich Milch schrieb er sich auf die auf die Fahnen. Mergner betonte, dass die Zivilgesellschaft mit vielen unterschiedlichen Organisationen zusammenrücken müsse, um die Geschäftsinteressen der Industrie zu bekämpfen. Dies betreffe inzwischen nicht mehr nur die Nahrungsmittelindustrie, sondern gerade auch den Bereich Gentechnik, die sowohl für die Gesellschaft als auch für die Landwirtschaft eine enorme Gefahr darstelle. Dies betreffe auch gerade die „Neue Gentechnik“, in der sich der BDM mit dem Bund Naturschutz Bayern in einer Allianz zusammengeschlossen habe.
Zum Abschluss hatte Manfred Gilch als Landesvorsitzender des BDM in Bayern die Aufgabe, die konträren Positionen zusammenzubringen und gleichzeitig die BDM-Position darzulegen. Sowohl die Kostendeckung für die gestiegenen Milcherzeugerpreise als auch eine deutliche Verstärkung der Marktmacht der Erzeuger seien in Zukunft von enormem Belang, da sich jetzt schon abzeichnen, das in Anbetracht der gestiegenen Kosten und er gleichzeitig geringer werdenden Milcherlöse eine weitere Krise anbahne.
Hier forderte er von der Bayerischen Staatsregierung ein klares politisches Engagement zugunsten der Erzeuger. Die politischen Rahmenbedingungen seien auf europäischer Ebene schon lange gesetzt und es fehle nur der politische Wille diese nun auch umzusetzen. Gerade das Modell eines freiwilligen Lieferverzichts gegen Entschädigung habe schon in der Vergangenheit schnell und effektiv gewirkt. Er machte im Weiteren deutlich, das es auch weiterhin die Politik des BDM bleiben müsse, mit allen gesellschaftlichen Gruppen in Kontakt zu bleiben, um möglichst viele Mitstreiter im Sinne der Milchviehhalter zu gewinnen.
Zum Abschluss der Veranstaltung wurde der langjährige Vorsitzende des BDM Kreisteams Bad Tölz Wolfratshausen, Johann Falter, verabschiedet, der sich nach langjähriger Tätigkeit aus der 1. Reihe zurückzog. Neben dem langanhaltenden Applaus kann er sich über einen Wellnessgutschein-eher unüblich für einen Milchviehhalter-freuen.
Auch nach dem langjährigen Ausfall das Milchbauernabends hat die zahlreiche Teilnahme gezeigt, das das Thema Milchhaltung gerade im Voralpengebiet noch immer eine große Bedeutung hat.