Das BDM Landesteam Bayern hatte aufgrund der schwierigen Corona-Situation zur ersten digitalen Landesversammlung eingeladen. Per Videokonferenz konnte BDM-Landesvorsitzender Hans Leis neben dem Hauptreferenten Martin Häusling (MEP, Grüne/EFA) auch Romuald Schaber, den Ehrenvorsitzenden des BDM, sowie über 70 BDM-Milchviehhalter aus ganz Bayern begrüßen.
Digitale Landesversammlung in Bayern
Die Online-Versammlung begann mit dem Rückblick auf die Verbandsaktivitäten des abgelaufenen Jahres durch den Landesvorsitzenden Manfred Gilch. Er stellte gleich zu Beginn klar, dass in 2020 trotz der heftigen Proteste und Diskussionen um DVO, Insektenschutz und Tierwohl für den BDM in Bayern die Milchpreisproblematik und die zu schwache Marktstellung der Milchbauern nach wie vor die zentralen Themen der Verbandsarbeit waren und auch in Zukunft sind. Immer deutlicher zeige sich die Schlüsselfunktion dieser Themen, so Gilch. Diese wurden auch eindrucksvoll in zahlreichen Presseberichten und mit bildhaften Aktionen wie z. B. beim Berliner Symposium, dem Berchinger Rossmarkt, der Milchpulvertour in München und ihr Finale in Kempten im Allgäu, medienwirksam öffentlich thematisiert, resümierte Gilch in seinem Rückblick. Diese Aktionen hätten letztlich auch zu politischen Gesprächen im bayerischen Landtag mit den Agrarsprechern der Regierungsparteien von CSU und Freie Wähler geführt. Dieser Beharrlichkeit sei es auch geschuldet, so Gilch, dass kurz darauf wesentliche Forderungen des BDM zur Verbesserung des EU-Sicherheitsnetzes für den Milchmarkt im bayerischen Landtag diskutiert und beschlossen wurden. Auch an den Molkereiaktionen des „Milchdialogs“ zum Jahresende war der BDM Bayern gemeinsam mit den anderen beteiligten Verbänden meist in führender Rolle engagiert. Für dieses Engagement bedankte sich der Landesvorsitzende abschließend auch im Namen des gesamten Landesteams, bei allen Mitgliedern und allen Aktiven im Haupt- und Ehrenamt für die Unterstützung und Zusammenarbeit im vergangenen Jahr.
Im Anschluss an den Jahresrückblick stellte Martin Häusling (MEP, Grüne/EFA) und selbst Milcherzeuger, in seinem Referat zum Thema „Welche Chancen bietet die neue GAP für Europas Milchviehhalter?“ die aktuelle Förderung und Struktur der EU-Agrarpolitik dar. Er kritisierte, dass bisher sowohl die Fördergelder als auch die Marktordnung zu einseitig darauf ausgerichtet seien, die exportorientierte Agrarindustrie in Europa mit niedrigsten Rohstoffpreisen zu versorgen. Diese extreme Ausrichtung auf den Weltmarkt verschärfe dann auch die Probleme bei den gesellschaftlich immer wichtiger werdenden Themenbereichen wie Tierwohl, Umwelt- und Ressourcenschutz. Sowohl das EU-Parlament als auch die Kommission und der EU-Rat hätten sich für die jetzt anstehenden Trilogverhandlungen thematisch positioniert, so Häusling. Bei der Positionierung des Parlamentes sei die Abstimmung für einen deutlichen Richtungswechsel – sowohl in der Förderpolitik als auch bei der Marktordnung – nur knapp an einer hauchdünnen Mehrheit gescheitert, zeigte sich der Europaabgeordnete enttäuscht. Dennoch enthält die jetzige Parlamentsposition einige wesentliche Forderungen des BDM zum Milchmarktkriseninstrument.
Bei der Einführung von ECO-Schemes im Zuge der GAP-Reform fordere das Parlament mindestens 30 % der ersten Säule zu verwenden, der EU-Rat hingegen bestehe auf max. 20 % Umschichtung. Häusling kritisierte auch die insgesamt starre Position des EU-Rates, welche kaum Änderungen in der künftigen GAP vorsehe, obwohl eine Vielzahl von wissenschaftlichen Studien dies einfordern würde. Diese Haltung sei vor allem dem Auftreten der deutschen Bundesministerin Julia Klöckner bei den EU-Ratssitzungen geschuldet, die im Grunde von einem „Weiter so wie bisher“ geprägt seien, so Martin Häusling. Er rechne deshalb damit, dass sich für die Milchbauern nach den Trilog-Verhandlungen mit der neuen Reform nur wenig ändern werde.
Um am Markt künftig bessere und fairere Milchpreise erzielen zu können, hält Martin Häusling aber auch nationale, kartellrechtliche Schritte für notwendig. Insbesondere forderte er hier das Bundesministerium auf, die auf EU-Grundlage ermöglichte nationale Umsetzung des Art. 148 GMO, der vorsieht, verbindliche Lieferverträge zwischen Erzeugern und den Molkereien über Preis, Menge und Vertragslaufzeit vorzuschreiben, endlich entsprechend umzusetzen.
In der anschließenden Diskussion bekräftigte Häusling nochmal die Notwendigkeit einer EU-Agrarwende, welche die Interessen der Bauern, der Umwelt und der Gesellschaft stärker gewichtet als die Interessen einer exportorientierten Agrarindustrie. Abschließend appellierte der Europaabgeordnete noch an angesprochene LSV-Bauern in der Online-Versammlung, künftig bei Protestveranstaltungen der LSV weniger ideologisch und mehr in die sachliche und argumentative Auseinandersetzung mit allen Parteien, auch den Grünen, zu treten.
Nach dem Hauptreferat berichtete Hans Foldenauer, Vorstandssprecher des BDM e.V., über die aktuellen Aktivitäten des BDM auf Bundesebene. So arbeite der BDM mit großem Engagement und in enger Abstimmung mit anderen landwirtschaftlichen Verbänden in der Verbändeplattform „Milchdialog“ zusammen. Zurzeit berate man sich über weitere öffentliche Aktionen. Zu den derzeit laufenden Gesprächsrunden mit den Spitzenvertretern des LEH berichtete Foldenauer, dass der BDM im Rahmen des Milchdialoges in den verschiedenen Arbeitsgruppen mitwirkt und im Lenkungsgremium als einer von vier Vertretern der landwirtschaftlichen Verbände eng eingebunden ist. Auf Initiative des Bundesverbandes des Lebensmittelhandels (BVLH) wurden die Verbände des Milchdialogs gebeten, sich mit ihrem Sachverstand und klaren politischen Forderungen in die Gespräche einzubringen. Ziel sei, dass neben den LEH und Bauernvertretern auch die Vertreter der Verarbeiter bzw. Molkereien in Arbeits- und Lenkungsgremien mitwirken. Erste Ergebnisse würden für Ende März angestrebt, so Foldenauer.
In der „Zukunftskommission Landwirtschaft“, die von der Bundeskanzlerin initiiert wurde, wirkt der BDM ebenfalls mit. Ergebnis solle ein Leitbild für eine Landwirtschaft sein, die ökonomisch so aufgestellt ist, dass die an sie gestellten ökologischen und sozialen Erwartungen umzusetzen sind. Erarbeitet wird dieser „Gesellschaftsvertrag“ mit Verbänden aus der Landwirtschaft, Umwelt und der Verbraucher. Festzustellen sei dabei, so Foldenauer, dass die Position des BDM im Gegensatz zum Deutschen Bauernverband auch von vielen anderen beteiligten Verbänden in der Zukunftskommission unterstützt werde.
Nach einer anschließend kurzen Diskussion dazu berichtete als letzter Tagesordnungspunkt der Veranstaltung der Vorsitzende der Fair Food eG, Werner Reinl, über den Sachstand und Entwicklungen bei der Vermarktung der Fairen Milch. Er warb dabei insbesondere für die Mitgliedschaft in der Fair Food eG, um die Regionalität und den Erfolg der Marke „Die faire Milch“ noch schneller voranzubringen.
Insgesamt dreieinhalb Stunden dauerte die erste digitale Landesversammlung des Landesteams Bayern, die von allen Seiten als großer Erfolg bewertet wurde.