Hinsichtlich der Fragen, welche Lehren aus der Milchkrise 2015/2016 gezogen werden müssen und wie verheerende Preisschwankungen auf dem Milchmarkt zukünftig verhindert werden können, konnte bei einer Diskussionsveranstaltung des BDM e.V. im Bauernmarkt Dasing in entscheidenden Punkten kein Konsens der Milchviehhalter mit der Europaabgeordneten Ulrike Müller (Freie Wähler) gefunden werden.
BY: MdEP Ulrike Müller (Freie Wähler) greift das Milchmarkt-Krisenmanagement-Konzept des BDM e.V. an
Baur: Milchviehhalter stehen vor einem Abgrund
Zu Beginn der Veranstaltung zog Josef Baur, Vorsitzender des BDM-Kreisteams Aichach-Friedberg, eine ernüchternde Bilanz der zurückliegenden Krisenjahre. Allein 2016 hätten aufgrund niedriger Milchpreise bundesweit fünf Prozent der Milchviehhalter ihren Betrieb aufgeben müssen. Setze sich dieser Trend fort, werde es in fünf Jahren nur noch 50.000 Milchviehbetriebe geben. Die verzweifelte Situation der Landwirte sei insofern ein Appell an die Politik, endlich tragfähige Kriseninstrumente für den Milchmarkt auf EU-Ebene bereitzustellen. Deshalb seien die Milchviehhalter gespannt, welche Vorschläge MdEP Ulrike Müller zur dauerhaften Stabilisierung des Milchmarkts habe.
Müller: Milchmarkt-Krisenmanagement-Konzept ist weder finanzierbar noch wünschenswert
Insgesamt befand Müller, dass die EU während der Milchmarktkrise 2015/2016 im Rahmen ihrer Möglichkeiten in großen Teilen richtig agiert habe. Die Milchpreise seien insbesondere dadurch wieder angestiegen, dass man durch das Einlagern von Magermilchpulver ca. 3 % der Milchmenge vom Markt genommen habe. Das Milchmengenreduzierungsprogramm und die Milchsonderbeihilfe seien dagegen überflüssig gewesen. Die Kosten dieser Programme würden in keinster Relation zu deren Nutzen stehen.
Das Milchmarkt-Krisenmanagement-Konzept des BDM e.V. kritisierte Müller im Laufe einer emotional geführten Diskussion mit den Milchviehhaltern scharf. Insbesondere wies sie darauf hin, dass mit dem Ausscheiden Großbritanniens aus der Europäischen Union dem EU-Haushalt 11 Milliarden Euro verloren gehen würden. Aufgrund des zukünftig kleineren Agrarhaushalts sei eine an Mengenreduzierungen gekoppelte Subvention des Milchpreises deshalb weder finanzierbar noch den europäischen Steuerzahlern zu vermitteln.
Im Zuge dessen forderte Müller die Landwirte auf, weniger auf staatliche Regulierung zu vertrauen und stattdessen eigenverantwortlicher zu agieren. Durch einen stärkeren Zusammenschluss von Erzeugerorganisationen würden die Milchviehhalter ihre Marktmacht gegenüber dem Handel stärken. Warenterminbörsen und Versicherungen könnten dagegen notwendige Krisensicherheit bieten. Davon abgesehen sollte Deutschland darüber nachdenken, an die Kuhzahl gekoppelte Direktzahlungen wiedereinzuführen. Schlussendlich kritisierte Müller eine unreflektierte Zunahme von kostenintensiven Umweltschutzauflagen und Tierschutzmaßnahmen. Zahlreiche neue Gesetze würden es den Landwirten zunehmend schwerer machen, kostendeckend zu wirtschaften.
Milchviehhalter: Mengenreduzierung führt in direkter Folge zu höheren Milchpreisen
Müllers Standpunkten hielten die Milchviehhalter entgegen, dass die Milchmarktkrise 2015/2016 vor allem durch einen Überschuss an Milch verursacht worden war. Um bei fallenden Milchpreisen überleben zu können, seien zahlreiche Betriebe gezwungen gewesen, ihre Produktion auszuweiten. Dies hätte die Spirale fallender Milchpreise aber noch weiter beschleunigt. Ein Teufelskreis, der erst durch staatliche Intervention sowie die an eine Mengenreduzierung gekoppelten Programme der EU gebrochen wurde. Wenn man den volatilen Milchmarkt in Krisenzeiten nicht reguliere und für ein Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage sorge, so der einmütige Befund der Milchviehhalter, würden in den kommenden Jahren tausende Milchviehhalter ihre Existenzgrundlage verlieren.