(Hesel/Ni). Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter e.V. lud die agrarpolitischen Sprecher Miriam Staudte (Bündnis 90/Die Grünen), Karin Logemann (SPD), Helmut Dammann-Tamke (CDU) und Hermann Grupe zum agrarpolitischen Dialog nach Hesel ein.
Agrarpolitischer Dialog – Milchmarktpolitik im Gespräch mit den Agrarsprechern
Die Politiker nahmen sich einen Nachmittag für die Milchviehhalter Zeit und konnten zu Beginn der Veranstaltung praktische Einblicke in die täglichen Arbeitsabläufe eines Milchviehbetriebes bekommen. Steffen Hinrichs (BDM-Team Ostfriesland) führte die Agrarsprecher über seinen Hof mit 95 Kühen und erklärte ihnen die Weidehaltung. „Leider wird die Weidehaltung, die eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz hat und auf ihren Weiden eine höhere Artenvielfalt besitzt, indem sie durch Kuhfladen tausenden Insekten Lebensraum und Nahrung zur Verfügung stellt, zu wenig geschätzt und honoriert“, betonte Hinrichs.
Im Gespräch mit den Politikern bezog der Betriebsführer klare Position und forderte: „Wir brauchen eine vielfältige Landwirtschaft und die höheren Auflagen und Anforderungen, die von der Politik und der Bevölkerung gefordert werden, dürfen nicht auf unseren Rücken alleine ausgetragen werden und die zusätzlichen Kosten bedürfen eine gerechte Vergütung bzw. mehr Mitspracherecht am Markt.“
Mit der Direktvermarktung in Form einer Milchtankstelle hat sich Familie Hinrichs ein weiteres Standbein an dem verkehrsgünstigen gut angebunden Standort direkt an der B72 in unmittelbarer Nähe zu Hesel aufgebaut. 24 Stunden täglich werden regionale Produkte an der Milchtankstelle mit frischer, unbehandelter Rohmilch von Weidekühen mit natürlichen Vitaminen und aus dem Regiomat Eier und Käse angeboten.
Nach dem Hofrundgang fand der agrarpolitische Dialog mit dem Schlagabtausch der Agrarsprecher zur Milchpolitik statt. Bei der Begrüßung betonte Peter Habbena, BDM-Landesteamleiter Niedersachsen, dass die Landwirte bereit sind für die Gesellschaft die erwarteten Anforderungen gegen eine entsprechende Entlohnung zu leisten. In seiner kurzen Ansprache verwies er auch auf die erschreckende Entwicklung am Milchmarkt. In einigen Regionen gab es einen Strukturbruch von über 8%.
Miriam Staudte sprach offen die Probleme an und kritisierte den Entscheidungsstau der niedersächsischen Landespolitik. Sie berichtete von dem eingebrachten Antrag der Grünen-Fraktion zur Milchpolitik aus dem vergangenen Jahr. Aus ihrer Sicht benötigt es einen Agrarkonsens über die Parteigrenzen hinweg, wie die Landwirtschaft in Zukunft aussehen soll. „Der Markt funktioniert nicht und der Berufsstand wird bei den Entscheidungen alleingelassen“, betonte Staudte.
Karin Logemann zeigte großes Verständnis, dass die Landwirte Angst um ihre Existenzen haben. Sie beschrieb das Problem der Gemengengelage. Aus ihrer Sicht muss es Ziel sein, dass die Anforderungen der unterschiedlichen Interessen zusammengebracht werden, um den Landwirten ein auskömmliches Leben zu ermöglichen. Nach ihrer Meinung lässt die Brutalität der Märkte es nicht zu, wenn die Bevölkerung nur 10% ihres Einkommens für Lebensmittel ausgibt. Gleichzeitig ging sie auf die hohen Anforderungen der Politik an die Produktion ein und hinterfragte, ob durch die Importe Lebensmittel mit gleichwertigen Standards eingeführt werden.
Aus den Reihen des Publikums wurde die Position von Karin Logemann zu den ungleichen Wettbewerbsbedingungen sehr wohlwollend aufgenommen. Die Vertreter des BDM´s machten sehr deutlich, dass sie das Mercosur-Abkommen und ein Freihandelsabkommen mit Neuseeland ablehnen, wenn sie nicht den europäischen und deutschen Standards entsprechen.
Helmut Dammann-Tamke schilderte das grundsätzliche Problem in der Gesellschaft. „In der Bevölkerung sind die Landwirte sind nur noch eine kleine Minderheit. Der Verbraucher hat den Bezug zur Landwirtschaft verloren.“ Dammann-Tamke ging auf die grundsätzliche Ausrichtung der Landwirtschaft ein. Diesbezüglich forderte er Vorstellungen von der Gesellschaft, was die Landwirtschaft leisten soll. Er ging dabei auf zukünftige Entwicklungen ein und beschrieb, dass bald weniger Steuermittel für die Landwirtschaft zur Verfügung stehen werden.
Hermann Grupe mahnte die niedersächsischen Regierungsparteien CDU und SPD, die Ängste der Bauern wahrzunehmen. „Wenn die Politik so weiter macht wie bisher, werden wir Bauern nicht mehr weitermachen können“, betonte Grupe aus der Sicht des Landwirts. Bisher fehlten ihm deutliche Signale von der Politik, dass die Landwirtschaft nicht allein für das Insektensterben an den öffentlichen Pranger gestellt werden kann.
Am Beispiel der roten Gebiete in Niedersachsen schilderte er, dass in den roten Gebieten 16% über den Wert von 50mg liegen. Aus seiner Sicht müsse sich auf diese 16% konzentriert werden, um das Wasser wieder sauber zu bekommen. Anhand dieser Beispiele machte Gruppe deutlich, dass bei der Landwirtschaft mit zweierlei Maß gemessen wird. Hier forderte er von den Regierungsparteien einen sachlichen Umgang mit den Bauern.