(Schwabhausen/Th). Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter e.V. lud Landwirtschaftsministerin Birgit Keller und Berufskollegen zum parlamentarischen Hoftag auf die MVA Schwabhausen ein. Arnold Becker, BDM-Landesteam Thüringen und Gesellschafter MVA Schwabhausen, führte die Ministerin und die Gäste durch den Milchproduktionsbetrieb.
TH: Parlamentarischer Hoftag mit Ministerin Keller – Die Milchpreise dümpeln vor sich hin
„Mit der aktuell eingesetzten Technik ist die Digitalisierung längst im Stall angekommen und mit großem technischen Aufwand wird die Milch erzeugt“, erklärte Becker. Per Computersteuerung erfolgen die Zusammenstellung der Futtermischungen und die Verteilung auf die Futtertische über Förderbänder. Von automatischen Melk-Systemen (AMS) lassen sich die Kühe freiwillig 2- bis 4-mal pro Tag melken. Gleichzeitig erfasst der Roboter die wichtigen Daten zur gesundheitlichen Überwachung der Tiere durch die Tierpfleger. 20 Mitarbeiter betreuen 1100 Kühe sowie Kälber, Jungrinder und Färsen. Arnold Becker schilderte, dass der Betrieb sich selbst um die Aufzucht der Kälber kümmert.
Bei der anschließenden Diskussionsrunde machten alle Milchbauern deutlich, dass mit dem aktuellen Erlösen von 32 Cent je Liter Milch die Betriebe nicht nachhaltig wirtschaften können. Nicht nur die Milch-, sondern auch die Kälber-, Schlachtvieh- und die Raps- bzw. Getreidepreise sind desaströs. Es ist ein Ausverkauf der Landwirtschaft und trifft Agrargenossenschaften genauso wie Familienbetriebe.
„Dringend benötigen wir die Neuausrichtung der Agrarpolitik mit Ausrichtung auf die Bauern“, betonte Hans Foldenauer. „Die niedrigen Marktpreise für landwirtschaftliche Erzeugnisse sind die Fehlentwicklungen der Gemeinsamen Agrarpolitik GAP der vergangenen Jahre“, erklärte der BDM-Sprecher Foldenauer. Nach seiner Meinung kommen die Preise zusätzlich durch die geplanten Freihandelsabkommen unter Druck. „Wenn wir nichts ändern, werden wir viele Betriebe verlieren und gleichzeitig den ländlichen Raum aufs Spiel setzen“.
Hans Foldenauer gab der Landwirtschaftsminister Keller für die nächste AMK mit auf den Weg, sich im ersten Schritt für die Erweiterung des Sicherheitsnetzes für den Milchmarkt und für die nationale Umsetzung des Art. 148 einzusetzen. Für Foldenauer müsse dann im zweiten Schritt die Neuausrichtung der Agrarpolitik angegangen werden.
„Wir müssen den Markt im Blick behalten“, beschrieb Ministerin Birgit Keller die Situation. „Die landwirtschaftlichen Betriebe sind die Anker im ländlichen Raum, nicht nur wirtschaftlich sondern auch sozial“, betonte Keller. Sie berichtete, dass im Herbst 2019 der Finanzrahmen der EU beschlossen wird. Laut der Ministerin können auf dieser Basis erst die Mittel für die Landwirtschaft bestimmt werden. Zukünftig müssen sich ihrer Meinung nach die Landwirte auf weniger finanzielle Hilfen der EU einstellen.
Die Ministerin ging auch auf die diesjährige Ernte in Thüringen ein und schilderte, dass die Ergebnisse beim Getreide unter dem Durchschnitt liegen. „Die Ernte 2019 ist geprägt von großen regionalen Unterschieden sowohl bei der Niederschlagsverteilung als auch bei den Ernteergebnissen“, so Keller. „Wir müssen deshalb eine Debatte darüber führen, wie eine zukunftsfähige Landwirtschaft gestaltet werden kann und wir benötigen endlich Instrumente, damit Betriebe künftig Extremwetterereignisse besser kompensieren können“, betonte sie.
In der Diskussion mit Berufskollegen und der Landtagsabgeordneten Dr. Johanna Scheringer-Wright (Die Linke) wurde hervorgehoben, dass die Kühe das Grünland so gut verwerten und dass die Weidehaltung auf Grünland deutlich zur CO2-Reduzierung beiträgt. Außerdem fördert die Grünlandhaltung die Artenvielfalt und leistet einen großen Beitrag zum Umweltschutz. Trotzdem sind die grünlandbewirtschaftenden Betriebe in Thüringen betriebswirtschaftlich in der kritischsten Situation!