Einsatz von Breitbandherbiziden generell reduzieren
In der Landwirtschaft werden Unkrautbekämpfungsmittel mit dem Wirkstoff Glyphosat vor allem dazu benutzt, unerwünschte Kräuter und Gräser im Ackerbau wie in der Grünlandwirtschaft zu bekämpfen. Laut einer repräsentativen Studie der Universität Göttingen aus dem Jahr 2012 werden 39% der deutschen Ackerfläche jährlich mit Glyphosat behandelt. Dies entsprach im Jahr 2014 nach einer Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen einer Wirkstoffmenge von 5.330 Tonnen.
In den für die Milchviehhaltung wichtigen Grünlandregionen ist aus Sicht des BDM e.V. unter normalen Umständen der Einsatz von Glyphosat oder anderen Totalherbiziden nicht zwingend notwendig. In aller Regel kann mit mechanischen Bekämpfungs- beziehungsweise Pflegemaßnahmen oder einer chemischen Einzelbekämpfung von Beikräutern ein wirtschaftlicher Grünlandbestand gehalten werden.
Auch im Ackerbau kann mit entsprechend gestalteten Fruchtfolgen und Bodenbearbeitungsmaßnahmen auf die Anwendung von Totalherbiziden weitgehend verzichtet werden. Durch die derzeitige Ausrichtung der EU-Agrarpolitik entsteht allerdings ein so massiver Kostendruck, dass zahlreiche Bäuerinnen und Bauern sich unter betriebswirtschaftlichen Aspekten für die Anwendung von Totalherbiziden entscheiden, da dies oft die deutlich kostengünstigere Bearbeitungsvariante darstellt.
So bezifferte die oben genannte Studie der Universität Göttingen den Nutzen von Glyphosat in Deutschland auf mindestens 79 Millionen Euro pro Jahr.
Immer wieder steht allerdings im Raum, dass Glyphosat auch ein Risiko für die menschliche Gesundheit sei. So befand etwa eine Studie der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) im März 2015, dass Glyphosat wahrscheinlich krebserregend für den Menschen sei. Umgekehrt existiert eine Vielzahl von nationalen und internationalen Studien, die das Gegenteil zu beweisen scheinen.
Dagegen muss im Hinblick auf die Biodiversität festgestellt werden, dass Glyphosat für manche Tierarten durchaus toxisch ist – wenn auch in geringerem Ausmaß als bei anderen Breitbandherbiziden – und dass das Pflanzenschutzmittel nicht nur bei sogenannten Schadkräutern wirkt, sondern auch bei zahlreichen Nicht-Ziel-Pflanzen, wie etwa Wildkräutern. Eine Vernichtung dieser Kräuter und Gräser kann Insekten oder Feldvögeln die Nahrungsgrundlage entziehen. Nach Angaben des Umweltbundesamts kann es in der Folge zu einem Zusammenbruch ganzer Nahrungsnetze kommen. Diese indirekten Effekte durch Störung der Nahrungsnetze treten allerdings nicht nur bei der Anwendung von Glyphosat, sondern auch bei anderen Breitbandherbiziden auf.
Fazit:
Der BDM hält das in der europäischen Gesundheits- und Umweltpolitik geltende Vorsorgeprinzip, wonach denkbare Belastungen bzw. Schäden für die Umwelt bzw. die menschliche Gesundheit im Voraus trotz unvollständiger Wissensbasis vermieden oder weitestgehend verringert werden sollen, für ein wichtiges Prinzip der Risiko- und Gefahrenvorsorge. Trotzdem mahnt er auch dazu, die Debatte um Glyphosat zu versachlichen. Die Landwirte müssen grundsätzlich darauf vertrauen können, dass eine belastbare Risikoabschätzung bereits im offiziellen Zulassungsverfahren von Pflanzenschutzmitteln zuverlässig erfolgt und dass entsprechende Anwendungsanleitungen wissenschaftlich abgesichert sind. Neuere Erkenntnisse hinsichtlich möglicher Risiken müssen selbstverständlich Berücksichtigung im Hinblick auf die weitere Zulassung oder Anwendung finden, dürfen aber nicht zur pauschalen Verurteilung der Anwender führen, die das Mittel nach bisheriger guter fachlicher Praxis und bestem Wissen angewandt haben. Ein Grund für den häufigen Einsatz von Glyphosat bei der Bekämpfung von Unkräutern und -gräsern ist u. a., dass viele Landwirte auf die Aussagen offizieller Institutionen vertraut haben, wonach Glyphosat nicht gesundheitsschädlich für den Menschen sei und deutlich weniger toxisch für Tierarten als andere Breitbandherbizide.
Ob durch Glyphosat tatsächlich Gesundheitsrisiken für den Menschen entstehen und wie toxisch dieses Mittel ist, kann weder der BDM e.V. noch der einzelne Landwirt angesichts widersprüchlicher wissenschaftlicher Studien tatsächlich abschließend beurteilen.
Gesichert scheinen die vorliegenden Studien aber zu zeigen, dass durch direkte und indirekte Effekte spürbare Einflüsse von Glyphosat – aber auch von anderen Breitbandherbiziden – auf die Biodiversität festzustellen sind. Insbesondere der Habitatverlust von Insekten und Feldvögeln ist hierbei zu nennen. Vor dem Hintergrund der Ergebnisse von Studien, dass die Zahl der Insekten in Deutschland zwischen 1989 und 2016 um etwa 75% zurückgegangen sei, ist dies umso bedenklicher.
Festzuhalten ist auch: Jede Form des Einsatzes von chemischen Pflanzenschutzanwendungen wie auch jede Form der Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Nutzflächen hat Auswirkungen auf die Biodiversität. Gleiches gilt auch für Flächen, die für private Zwecke bzw. für die Infrastruktur bestimmt sind. Auch hier muss geprüft werden, welche Alternativen es für den Einsatz von umweltschädlichen Totalherbiziden in der nichtberuflichen Anwendung gibt. In der Summe muss des Weiteren eine deutlich ressourcenschonendere Erzeugung von Lebensmitteln angestrebt werden. Dazu bedarf es allerdings nicht nur einer Reduktion des Einsatzes von Glyphosat, sondern auch von zahlreichen anderen Betriebsmitteln.
Gleichzeitig darf aber auch nicht vergessen werden, dass ein Verbot von Glyphosat in einer Zeit, in der viele Landwirte ohnehin um ihre Existenz kämpfen müssen, den wirtschaftlichen Druck auf die Bäuerinnen und Bauern noch einmal erhöht. Privatwirtschaftliche Initiativen bzw. Vorgaben, die den Verzicht auf Glyphosat noch vor dem Gesetzgeber erzwingen, müssen dies als Qualitätsmerkmal den Landwirten entsprechend vergüten. Es muss klar werden, dass ein Wirtschaften nach dem Prinzip „Immer billiger“ Grenzen und unerwünschte Konsequenzen hat. Wer dies nicht will, muss bereit sein, einen entsprechend höheren Aufwand auch zu vergüten – insbesondere dann, wenn diesen nicht alle Marktteilnehmer leisten müssen. Mit einem einseitigen Diktat immer höherer Anforderungen zum Nulltarif muss Schluss sein.
Der BDM e.V. empfiehlt aufgrund der bestehenden Unsicherheiten und der anzunehmenden Auswirkungen auf die Biodiversität, den Einsatz von Glyphosat auf das Nötigste zu beschränken und nach Möglichkeit ganz auf den Einsatz von Glyphosat zu verzichten.