Milchviehhalter zahlen für Milchpulverberge in mehrfacher Hinsicht die Zeche

BDM-Demonstration 2015 in München
Mit der Aufhäufung des größten Milchpulverbergs seit 20 Jahren haben die EU-Kommission und der EU-Agrarrat den Milchviehhaltern einen Bärendienst erwiesen.
Zu Recht fragen Medien und Öffentlichkeit nach der Sinnhaftigkeit der hierfür eingesetzten EU-Gelder.

Nicht in Ordnung ist es allerdings, dies den Milchviehhaltern anzulasten. Die Milchviehhalter des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter BDM e.V. weisen darauf hin, dass sie seit Beginn der Milchkrise 2015 mit zahlreichen Aktionen und Demonstrationen dafür kämpfen, dass das bestehende Sicherheitsnetz um ein Kriseninstrument erweitert wird, das die zeitlich befristete Begrenzung der EU-Milchmenge gestattet.

Bru__ssel_Demo_2015_1.jpg

EMB-Demonstration 2015 in Brüssel

Bereits am 7. September 2015, als der EU-Agrarrat u.a. aufgrund der Milchmarktkrise tagte, demonstrierten 6.000 europäische Milchviehhalter – darunter viele deutsche – mit über 1.500 Traktoren in Brüssel für ein derartiges mengenwirksames Marktkriseninstrument.

EU-Kommission und EU-Agrarrat folgten dieser Forderung nicht, sondern beschlossen die Auskehrung des ersten EU-Hilfspakets in Höhe von 500 Mio. Euro für den Milch- und Schweinebereich, das sich im Wesentlichen auf Liquiditätshilfen und die Private Lagerhaltung von Milchprodukten beschränkte. Bereits zu diesem Zeitpunkt haben die Milchviehhalter des BDM darauf hingewiesen, dass es nicht nur den Milchviehhaltern gegenüber, sondern auch dem Steuerzahler gegenüber unverantwortlich ist, die Finanzmittel nicht so einzusetzen, dass das eigentliche Problem des Überangebots angegangen wird. Statt wie von den Bauern gefordert die Hilfsgelder mit Mengendisziplinmaßnahmen zu verknüpfen, wie es schließlich im Zweiten EU-Hilfspaket 2016 doch noch der Fall war, hat man die Milchmarktkrise so unnötig verlängert und verschärft.
„Das Problem ist, dass die unsinnigen Entscheidungen der Politiker letztlich immer den Bauern auf die Füße fallen. Die Politiker gerieren sich als Helfer und Unterstützer, die ja alles getan haben und riesige Summen in die Hand genommen haben, um die Landwirte zu unterstützen. Profitiert hat aber eigentlich nur die Ernährungs- und Verarbeitungsindustrie, die über einen sehr langen Zeitraum billigste Rohstoffe zur Verfügung hatte. Die Bauern hingegen müssen sich vorhalten lassen, wie viel Geld man ihnen vermeintlich in den Rachen wirft. Tatsächlich hat das lange Zögern, bis man die Gelder des zweiten EU-Hilfspakets schließlich doch noch mit Mengendisziplin verknüpfte, dazu geführt, dass sich die Misere für die Landwirte verschärft und verlängert hat. Die Auslagerung  der zwischenzeitlich aufgehäuften Milchpulverberge hat zudem lange über die eigentliche akute Milchkrise hinaus preisdämpfende Wirkung für die  Erzeugerpreise, was die Rückzahlung der in der Krise aufgenommenen Liquiditätskredite erschwert bis unmöglich macht“, kritisiert BDM-Vorsitzender Romuald Schaber. „Ich frage diejenigen, die immer propagieren, dass die Milchviehhalter mehr Verantwortung übernehmen und Rücklagen bilden sollen, um für die zunehmende Volatilität auf dem Milchmarkt gewappnet zu sein, wie das funktionieren soll, wenn gerade mal die laufenden Kosten gedeckt werden können? In den vergangenen 9 Jahren erlebten wir drei schwere Milchkrisen – mit jeweils massiven und lange nachwirkenden finanziellen Folgen für die Milchviehbetriebe.
Die Milchviehhalter sind am absoluten Limit. Auch die aktuellen Preissteigerungen im Fettbereich, der nur rund 6% der gesamten Verarbeitungsmenge der Molkereien ausmacht, werden alleine nicht längerfristig für den stabilen höheren Milcherzeugerpreis sorgen, der jetzt so dringend benötigt wird.“

Zwei wesentliche Schritte müssen daher jetzt erfolgen: Zum einen müssen die Milchpulverberge marktunschädlich abgebaut werden und zum anderen muss das bestehende Sicherheitsnetz dauerhaft um die Möglichkeit erweitert werden, in schweren Marktkrisen die EU-Milchmenge zu deckeln. EU-Hilfsgelder sind auch künftig mit Mengendisziplin zu verknüpfen, da so die Gelder tatsächlich auf den notleidenden Betrieben ankommen und gleichzeitig eine preiswirksame Hebelwirkung entfalten.