Die gegenwärtigen Diskussionen, wer welchen Anteil an den aktuellen Preissenkungen beim Handel trägt, sind wenig zielführend, weil diese nicht geeignet sind, die Situation der Milchviehhalter zu verbessern. „Wir haben genug diskutiert! Es kann im Moment nur noch darum gehen, die Milchbetriebe zu retten. Da ist die Frage nach dem Grad der Verantwortung an der Preismisere im Moment zweitrangig. Die Frage muss vielmehr lauten: Was kann jeder von seiner Seite dazu beitragen, dass sich die Situation ganz schnell ändert?“, erklärt Romuald Schaber, Vorsitzender des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter BDM e.V.
Handeln statt Schuld-Diskussionen gefragt – Preissenkungen des Handels sind Marktreaktion
Alle Preissenkungen – egal ob auf Handelsseite oder auf Molkereiseite sind Symptome einer Milchkrise historischen Ausmaßes, deren Ursache darin liegt, dass trotz insgesamt gestiegener Nachfrage zu viel Milchmenge – insbesondere aus Europa – auf den globalen Markt drängt. Es gilt daher, dieses Mengenproblem ohne Denkverbote endlich organisiert anzugehen. Die Länderagrarminister haben mit ihren einstimmigen Beschlüssen bei der Frühjahrs-Agrarministerkonferenz den Grundstein dafür gelegt, den Milchmarkt wirkungsvoll zu entlasten. So sollen die Marktbeteiligten die Möglichkeit erhalten, die Milchmenge eigenverantwortlich zu reduzieren. Unterstützt werden soll dies mit staatlichen Beihilfen.
Die Schlüsselrolle liegt jetzt bei Bundesminister Christian Schmidt und seinem Ministerium, die von den Länderministerinnen und -ministern aufgefordert wurden, dies nicht nur zu prüfen, sondern umzusetzen. Der BDM hat an Minister Schmidt angesichts der prekären Situation der Milchviehhalter appelliert, nicht weiter auf Zeit zu spielen und umgehend – spätestens aber innerhalb von zwei Wochen – die rechtlichen und vor allem die organisatorischen Parameter für die Umsetzung einer freiwilligen Rückführung der Milchanlieferung zu erarbeiten. Denn ehe sich die Frage der Finanzierung stellt, muss klar sein, wie die Umsetzung aussehen soll.
„Zwei Wochen sind seitdem verstrichen, ohne dass entsprechende Bemühungen des Ministeriums erkennbar waren“, zieht Schaber eine Zwischenbilanz. „Bundesminister Christian Schmidt muss klar sein, dass wir das so nicht akzeptieren werden. Wenn die dringendsten Frühjahrsbestell-Arbeiten und erste Ernten erledigt sind, werden die Milchviehhalter ihren Forderungen mit Aktionen Nachdruck verleihen.“ Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter BDM e.V. hat darüber hinaus auch die Länderagrarminister über die Haltung des Bundesministeriums informiert. Ein Vertreter des Bundesministeriums äußerte bei einer öffentlichen Veranstaltung, dass der einstimmige Beschluss der Länderagrarminister bei der Agrarministerkonferenz so wörtlich „für das Bundesministerium nur marginalste Bedeutung“ habe. Der BDM kritisiert eine derart ignorante Haltung des Bundesministeriums, die massive Demokratiedefizite zeigt, aufs Schärfste.
Gemeinsam muss jetzt daran gearbeitet werden, die europäische Milchmenge schnellstmöglich zu reduzieren, damit sich die Milchpreise erholen können. Laut EU-Kommission liegt das Mengenproblem derzeit zwischen 2 bis 3%. „Nur zu erklären, was angeblich alles nicht geht, ist deutlich zu wenig! Wer etwas wirklich will, richtet sein ganzes Streben darauf aus, wie es eben doch realisiert werden kann“, so Schaber.
Alle Branchenbeteiligten wie Handel, Molkereien und die entsprechenden Branchenverbände sind aufgefordert, Verantwortung zu übernehmen und endlich aktiv an der Bereinigung des nationalen und europäischen Milchmarkts mitzuarbeiten. „Finanzielle Hilfen an eine Mengenreduzierung zu knüpfen ist schon deshalb sinnvoll, weil damit die eingesetzten Mittel eine Hebelwirkung entfalten können, die letztlich allen Milchviehhaltern zugutekommt.“
Der BDM sieht die Notwendigkeit europäischer Lösungen, denn nur diese versprechen auch die nötige globale Wirkung. Um eine breite Zustimmung auf europäischer Ebene zu erreichen, ist es aber nötig, dass vor allem die großen Milchnationen Frankreich und Deutschland vorangehen. Frankreich ist bereit – Deutschland bisher nicht…