(Berlin) Die Milchmarktkrise spitzt sich immer weiter zu und soll auch kommende Woche bei der EU-Ratssitzung Thema sein. Wieder einmal ist es unter den großen „Milchnationen“ Frankreich, das einen aktiven Vorstoß für eine strukturelle Krisenlösung unternimmt.
Milchmarkt braucht EU-weiten strukturellen Ansatz zur Krisenlösung
„Die erneute Initiative aus Frankreich, nicht nur mit konjunkturellen, sondern auch mit strukturellen Maßnahmen der Milchkrise zu begegnen, ist sehr zu begrüßen“, erklärt Romuald Schaber, Vorsitzender des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter BDM und des European Milk Board EMB.
Der französische Minister Stephane Le Foll schlägt seinen Kollegen ein ganzes Bündel an strukturellen Maßnahmen vor, um den EU-Milchmengenzuwachs zu begrenzen, darunter ein Instrument, das Beihilfen für diejenigen Milchviehhalter vorsieht, die in Krisenzeiten freiwillig weniger produzieren. Aus Sicht des BDM wird ein derartiges Instrument nur dann die gewünschten Effekte zeigen, wenn gleichzeitig auf europäischer Ebene die Möglichkeit geschaffen wird, in dieser Zeit die EU-Milchanlieferung auch zeitlich befristet zu deckeln. Dazu Romuald Schaber: „Der Vorschlag des französischen Ministers ist gut, hilft dem Milchmarkt strukturell aber nur dann, wenn man auch den nächsten Schritt macht. Was bringt es, einem Teil der Milchviehhalter einen Bonus für die Reduzierung ihrer Milchanlieferung zu bezahlen, wenn man dem anderen Teil freistellt, die Milchanlieferung in der Krise weiter auszuweiten?“
„Nicht zielführend sind Lösungen, die sich auf nationale Ebene oder nur auf Ebene einzelner Molkereiunternehmen beschränken“, so Schaber weiter. „Das alles bleiben Insellösungen, die nicht die notwendige Marktwirkung bringen, solange es folgenlos bleibt, dass andere ihre Produktion weiter ausweiten. Auch so genannte Mehrpreissysteme, die viele Molkereien jetzt unter dem Mäntelchen der Krisenbewältigung aus dem Hut zaubern, haben unter diesem Aspekt bereits ihr Versagen bewiesen. Belege dafür gibt es in unseren Nachbarländern mit der Molkerei Sodiaal in Frankreich und den großen Molkereien in der Schweiz genug.“
Mit Blick auf die finanzielle Situation vieler Betriebe wird die Notwendigkeit weiterer politischer Hilfsprogramme immer drängender. Forderungen nach Liquiditätshilfen in Form von Einmalzahlungen helfen zwar punktuell, sind aber ungeeignet, eine schnelle Marktumkehr und damit steigende Milchpreise herbeizuführen. Mit solchen Forderungen, wie sie beispielsweise der sächsische Landesbauernverband stellt, lenkt man nur von tatsächlich notwendigen Maßnahmen ab.
Auch die von Sachsen-Anhalts Agrarminister Dr. Hermann Onko Aeikens befeuerte Diskussion über die Vertragsgestaltung zwischen Molkereien und Milcherzeugern dient in der aktuellen Situation mehr der Ablenkung als der Bekämpfung der eigentlichen Ursachen der Krise und bringt damit wenig für eine schnelle Marktumkehr. „Selbstverständlich herrscht hinsichtlich der Marktstellung der Milcherzeuger ein dringender Handlungsbedarf – das wurde schon im Zwischenbericht zur Sektoruntersuchung Milch des Bundeskartellamts im Dezember 2009 festgestellt“, hält Schaber fest. Aktuell hilft aber nur eine auf EU-Ebene organisierte Maßnahme, die in der Lage ist, das von der EU-Kommission bestätigte Übermengenproblem von 2 -3 % der EU-Milchmenge schnell zu beseitigen.
An die Vertreter der größten deutschen Molkerei DMK appelliert der BDM-Vorsitzende, sich für eine EU-weite Gestaltung eines wirkungsvollen Sicherheitsnetzes für den Milchmarkt stark zu machen. Lösungen auf Molkereiebene verpuffen wirkungslos, wenn man nicht strukturelle Instrumente auf EU-Ebene angeht.