ST: „Milchkrisen und Dürre“ – Sechs Verbände ziehen mit „Bismarker Erklärung“ an einem Strang

(Bismark/Sachsen-Anhalt). Erstmalig kamen sechs Organisationen (Bauernverband Sachsen-Anhalt e.V., Bauernbund e.V., MEG Milch Board w.V., LKV Sachsen-Anhalt e.V., der RinderAllianz GmbH und BDM e.V.) in dem Vermarktungszentrum der RinderAllianz in Bismark zusammen und diskutierten Wege aus der Milchkrise. Frank Lenz, BDM-Bundesvorstand, rief zum Handeln auf: "Niedrige Milchpreise dürfen nicht zum Dauerzustand werden. Bisher ist zu beobachten, dass der Milchmarkt es nicht alleine richten kann."

Ingo Freidel, Vorstand Volksbank Stendal eG, schilderte die Situation aus der Sicht einer Bank: „Je nach Standort geht es jetzt um die Existenz der Betriebe.“ Aktuell ist für den Banker die Lage in der Landwirtschaft hoch explosiv. Aus seiner Sicht können Betriebe mit ausreichenden Reserven die Situation meistern und unklare Umstände führen häufig zu Rückschlägen. Freidel stellte wichtige Stolperfallen vor, welche die Agrarbetriebe im Blick haben sollten. Hier schlug er vor, die Schnelligkeit des Eingeständnisses der Situation nicht zu unterschätzen und seine Lage genau zu untersuchen. Gleichzeitig müsse der Landwirt handeln und sich frühzeitig nach Alternativen umsehen.

Im Anschluss gab Frau Dr. Sabine Krüger, Geschäftsführerin RinderAllianz, ein kurzes Statement zum Thema „Milch ist mehr wert“. „Die Auswirkungen auf den ländlichen Raum sind gravierend. Der Strukturwandel geht ungebremst weiter. Die Betriebe werden größer aber insgesamt gibt es weniger Kühe und der gesamte vor- und nachgelagerte Bereich in der Landwirtschaft wird weniger“, so die Geschäftsführerin. Sie beschrieb den starken Strukturwandel anhand der Zahlen.

Vom 30.09.2014 bis 30.06.2018 verzeichnete das Zuchtgebiet der RinderAllianz einen Rückgang von 41.151 Kühen (-13%) bzw. 327 Betrieben (-30,5%). In diesem Zeitraum verlor Sachsen-Anhalt 19.744 Kühe (-16,5%) und 138 Betriebe. Dabei betonte Frau Dr. Krüger, dass die Milchviehhaltung die umsatzstärkste Branche innerhalb der Landwirtschaft sei und ein Rückgang an Betrieben den gesellschaftlichen Wandel auf dem Land forcieren wird. Die RinderAllianz-Chefin kritisierte besonders, dass die Politik planlos auf diese Veränderungen reagiert.

Landwirtschaftsministerin Prof. Claudia Dalbert zog eine traurige Bilanz. „Die Liberalisierung auf dem Milchmarkt hat ihre Spuren hinterlassen. Viele Betriebe sind in dieser Zeit aus der Fläche gegangen.“ Aus diesem Grund werde sich die Landwirtschaftsministerin Dalbert weiter im Bund und auf EU-Ebene für dauerhaftes europaweites Kriseninstrument mit Frühwarnsystem und Mengenmanagement einsetzen.

Sie spannte den Bogen von der Erweiterung des Sicherheitsnetzes zu den Dürrehilfen und erklärte das Antragsverfahren. Dabei machte die Ministerin deutlich, dass grundsätzlich die Frage geklärt werden muss, wie die Milchviehwirtschaft zukunftsfähig aufgestellt werden kann und die Milchviehhalter sich nicht immer von Krise zu Krise hangeln müssen.

Peter Guhl, MEG Milch Board w.V., sprach von einer Steilvorlage der Landwirtschaftsministerin Prof. Dalbert und argumentierte. „Wir haben Milchkrisen in loser Folge und eine Krise kommt nach der anderen Krise. Jetzt muss sich endlich etwas Grundlegendes ändern“, betonte er. Guhl wies hin, dass die Milchviehhalter das schwächste Glied in der Kette seien und andere Kräfte dagegen halten. Demzufolge appellierte er an die Politik. „Wir brauchen politische Unterstützung, dass sich endlich die Stellung der Milchviehhalter in der Wertschöpfungskette ändert“. Guhl äußerte sich auch kritisch gegenüber der angedachten Sektorstrategie. „Es wird viel um den heißen Brei geredet und konkret von einem festgeschriebenen Preis hat er noch nichts darin gelesen“, so Guhl.

Christian Schmidt, Bauernverband Sachsen-Anhalt e.V., fragte in die Runde, welche Branche noch Preise wie vor 30 Jahren bekommt. „Die Milchproduktion ist komplett abgekoppelt“, erklärte Schmidt. Er beschrieb die dramatische Situation für die Landwirte in den vergangenen Monaten. „Trockenheit kannten wir, was Dürre ist, haben wir in diesem Jahr erfahren.“ Aus seiner Sicht müsse die Branche normalerweise eine derartige Situation selber meistern. „Leider sind die Margen so niedrig, dass wir keinen Spielraum mehr haben“, schob er hinterher.

Hans Foldenauer, Sprecher des BDM-Vorstandes, betonte: „Solange der Milchmarkt  überversorgt ist, wird sich an der Markt-und  Wettbewerbssituation der Milchviehhalter nichts ändern. Aus diesem Grund brauchen wir endlich ein Mengenmanagement bei Marktverwerfungen. Wir müssen das Problem an der Wurzel anpacken“, erklärte der BDM-Sprecher. Dabei wies er darauf hin, dass der BDM e.V. als Impulsgeber genügend Vorschläge eingebracht hat.

Jochen Dettmer, Bauernbund e.V., begrüßte das historische Ereignis mit der Zusammenkunft der sechs großen Verbände in Sachsen-Anhalt. „In den vergangen 10 Jahren haben wir mehr als 2/3 unserer Mitglieder verloren“, blickte er auf die Entwicklung zurück. Aus diesem Grund sprach er sich für das vom BDM e.V. geforderte europaweite Krisenmanagement aus.

Zum Ende der Veranstaltung einigten sich die beteiligten Verbände Bauernverband Sachsen-Anhalt e.V., Bauernbund e.V., MEG Milch Board w.V., LKV Sachsen-Anhalt e.V., der RinderAllianz GmbH und BDM e.V. gemeinsam auf die „Bismarker Erklärung“ und haben sich an dem Abend  dafür ausgesprochen, den Antrag des Landtages „Milchkrisen wirksam begegnen“ vom 19. April 2018 zu unterstützen. Mit ihrer Zustimmung gaben die zahlreich anwesenden Milchviehhalter ein fast einstimmiges Votum für Landwirtschaftsministerin, Frau Prof. Claudia Dalbert ab, sich auf Bundes- und EU-Ebene für die Installierung eines dauerhaften, europaweiten Kriseninstruments auf EU-Ebene einzusetzen, welches gleichzeitig ein effizientes Frühwarnsystem enthält.

Landwirtschaftsministerin Prof. Claudia Dalbert freute sich über den Schulterschluss in der Agrarbranche und sah die Einigung der Landwirte als gutes Signal, um die „Bismarker Erklärung“ auf den Weg zu nehmen und weiter auf Bundesebene voran zu bringen.

Pressekontakt:
Peter Schuchmann, BDM-Landesteameiter Sachsen-Anhalt, Tel.: 0172/ 873 66 15

Zum Thema:

Kampf gegen Preisverfall – mdr.de

 

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