„Tour de Dorf“: Tagebuch

Der Startschuss für unsere Tour de Dorf ist gefallen. Alle Updates findet ihr hier auf unserer Website und natürlich auf unseren Social Media Kanälen. Die bisher geplanten Termine und Anlaufpunkte stehen weiter unten, bitte runterscrollen. Seid dabei, wenn wir in Eurer Nähe sind!

Samstag, 9. Dezember 2023

Die letzte Etappe steht an, von Wolpertshausen geht es nach Denkendorf, dort findet die BDM-Landesdelegiertenversammlung Bayern statt. Auch hier ist der Tour-Bus neugierigen Blicken ausgesetzt, kommt es doch selten vor, dass eine Faironika auf einem auf Basis eines Kadaverkorbes montiertem Gestell quasi Huckepack in den Ort einzieht. Nach der Landesdelegiertenversammlung ist das Ausräumen des Busses angesagt, hat sich doch nach einer Fahrleistung von über 5.000 km so einiges durcheinander gewirbelt. Der Bus wurde zum Abfolieren nach Bayreuth gefahren, die Faironika samt Halterungssystem fand eine Bleibe in unserer Geschäftsstelle in Freising und wartet auf ihren nächsten Einsatz. Danke an alle, die uns auf unserer Fahrt durch die Dörfer besucht haben, die die Haltepunkte mit interessanten Besichtigungen wie auch Diskussionsmöglichkeiten bestückt und mit der Versorgung des Tour-Teams sowie allen Besuchern gesichert haben. Der viele leckere selbstgemachte Kuchen lässt noch nach Tagen das Wasser in unseren Gaumen zusammenfließen.

Freitag, 8. Dezember 2023

Am Abend in Wolpertshausen bei Schwäbisch Hall angekommen, drehte sich im Regionalmarkt Hohenlohe der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Hohenlohe wieder alles um die Gülle und die dazu gesetzlich vorgegebene Ausbringtechnik, Jens Keim von der IG gesunde Gülle legte seinen Schwerpunkt auf die Einflüsse, die schon im Stall und bei der Lagerung auf die Höhe der Ausgasung genommen werden kann. Sein Fazit ist, dass mit entsprechend eiweißreduzierter Fütterung und mit Behandlung der Gülle mit Zusatzstoffen im Stall die vom Gesetzgeber in der NEC-Richtlinie vorgeschriebene Reduzierung des Ammoniakausstoßes um 29 Prozent ohne teure und im Dauergrünland problematische wenn nicht gar unmöglich anzuwendende Gülleausbringtechnik erreicht werden kann. Sein Credo ist messen statt rechnen, was nichts andres bedeutet, sich nicht auf irgendwelche Berechnungen zu verlassen, sondern seine Gülle mit dafür entwickelten Messgeräten auf die realen Werte zu untersuchen. Schwerpunkt des Wirkens von der IG gesunde Gülle liegt auf Diskussionen mit der politischen Ebene, diese herauszufordern, von sich aus zu beweisen, dass die geforderte Gülleausbringtechnik bessere Werte als die mit herkömmlicher Breitverteilung hervorbringt. Das wird in Zweifel gestellt. Dem Gülleteil folgte dann noch ein kurzer Abriss über die BDM-Arbeit und die damit beackerten Themen.

In aller Früh startet der Tour-Bus samt Huckepack-Faironika in den Südschwarzwald, genauer gesagt nach Rottweil. Ziel ist dieses Mal weder ein Stall, noch eine Biogasanlage oder sonst was landwirtschaftlich Sehenswertes. Nach einer Fahrstrecke von rund 250 Kilometer ist er weithin sichtbar, der TK Elevator Testturm mit einer Gesamthöhe von 246 Metern. Erbaut von Thyssen-Krupp, inzwischen verkauft an ein Konsortium unter chinesischer Führung, werden hier in zwölf Aufzugsschächten neue Aufzugstechniken getestet. In drei Schächten wird die sog. MULTI-Technik auf Herz und Nieren geprüft, das ist eine seillose Technik, die Aufzüge vertikal und horizontal fortbewegt, sozusagen im Kreis fahren lässt.

Imposant auch Bilder von der Baugrube mit einer Tiefe von 32 Metern sowie die Beschreibung des Baufortschritts durch unseren sehr fachkundigen Führer. Nach der mit dem Aufzug ein Ausblick in die Ferne, der trotz des trüben Wetters die von der höchsten Aussichtsplattform Deutschlands zu erblickende Weite erahnen lies. Danach ging es zum fachlichen Austausch in die Altstadt von Rottweil, wer den Tag noch auf dem Rottweiler Weihnachtsmarkt abrunden wollte, konnte dies tun. Der Tour-Bus machte sich auf ins Hohenlohische, vorbei an Stuttgart mit einem Verkehrsaufkommen, dass einen froh macht, das nicht täglich mitmachen zu müssen.

Donnerstag, 7. Dezember

Von Bad Wurzach ging es weiter nach Sontheim/Unterallgäu ins Gasthaus Adler, hier wurde so manche Erinnerung wach an die Gründungszeiten vom Krisenstab und letztendlich vom BDM e.V.. Hier trafen sich die BDM-Gründungsinitiatoren zu vielen Besprechungen und wegweisenden Beschlüssen. Im Vordergrund stand an diesem abendlichen Stammtisch die Vorschrift, auch auf Grünland die Gülle bodennah und streifenförmig ausbringen zu müssen. Markus Binzer von BDM-Team Ostallgäu berichtete über den konkreten Sachstand der von einer verbandsübergreifenden Initiative vorangetriebenen Widerstand gegen diese Verpflichtung. Dabei betonte er, dass es den Verbänden nicht darum gehe, die bodennahe Gülleausbringung komplett in Abrede zu stellen, sondern darum, die Breitverteilung, zumindest unter gewissen Vorgaben, weiterhin möglich zu machen. Ausgehend von einer von den Verbänden organisierten Veranstaltung in Marktoberdorf, zu der rund 1.000 Bäuerinnen und Bauern kamen, allerdings nur 800 eine Platz im Saal bekamen, fand scheinbar das Thema auch Gehör bei der Bayerischen Staatsregierung. Im Staatshaushalt wurden 300.000 Euro eingestellt für weitergehende Versuche auf dem Spitalhof in Kempten und an den Landwirtschaftlichen Lehranstalten in Triesdorf. Hierbei werden die Initiatoren der Verbändegemeinschaft eng eingebunden, praxisnah untersucht werden vor allem die Ammoniakausgasen der verschiedenen Ausbringtechniken. Natürlich ging es auch um die BDM-Arbeit auf politischem Parkett, einmal mehr mit dem Schwerpunkt Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) samt Gemeinsamer Marktordnung (GMO).

Ankunft auf dem Hof von Peter Schad in Bad Wurzach: Hier besichtigen wir einen hochmodernen Bullenmaststall mit 270 Mastplätzen mit besonderem Augenmerk auf Emissionsminderung, artgerechte Tierhaltung und Umweltschutz. Der konventionell wirtschaftende Betrieb liegt im hügeligen Voralpenland auf 680 m ü. NN und umfasst 80 Milchkühe + Nachzucht, den modernen Mastbullenstall sowie eine Biogasanlage mit 130 KW. Es werden 110 ha Dauergrünland sowie 60 ha Ackerland bewirtschaftet.
Der Bullenstall ist ein voll unterkellerter Laufstall mit Zweiflächenbuchten und getrenntem Liege- und Aktivitätsbereich für Mastbullen in 15 Gruppen zu je 15 bzw. 30 Mastbullen. Die Fütterung erfolgt vollautomatisch durch einen Roboter. Die Entmistung erfolgt über einen Unterflurschieber mit direkter Zuführung zur Biogasanlage. Dies verspricht geringe Stickstoffverluste und damit geringe Ammoniakemissionen. Der Spaltenboden ist gummiert. Die automatische Fütterung, die auch während unseres Betriebsbesuches in Betrieb war, sorgt für ein entspanntes Stallklima, da ständig frisches Futter am Fressplatz zur Verfügung steht. Die Liegeflächen sind sehr großzügig bemessen und verfügen über ein Gefälle, das das Abtrocknen der Liegefläche erleichtern soll. Die Liegeflächen sind mit tiergerechten, verformbaren Gummimatten ausgelegt. In allen Gruppen werden Kratzbürsten und Holzelemente zum Scheuern angeboten. Der Stall wurde aus heimischem Holz gebaut.
Eine regionale Vermarktung wird angestrebt bzw. ist bereits umgesetzt.
Der Betrieb Schad erläuterte ausführlich, warum er sich für den Bau eines Bullenmaststalles entschieden hat und warum eine Erweiterung des Milchviehstalles für ihn keine Option war. Wir bedanken uns für die offenen Einblicke und die Betriebsbesichtigung. Anschließend gab es in der Maschinenhalle noch einen regen Austausch über die aktuelle Arbeit des BDM und die damit verbundenen politischen Themenfelder.

Mittwoch, 6. Dezember

Manfred Gilch stößt heute nach seiner morgendlichen Stallzeit noch einmal zur „Tour de Dorf“, um den Betrieb von Familie Grießer in Schechen (Kreis Rosenheim) mit ihrem Gründachstall zu besichtigen. Sehr spannend berichtet Josef Grießer von den langwierigen Planungen und kostspieligen Statikberechnungen, die benötigt wurden, um endlich mit dem Stallneubau beginnen zu können. Wenn der BDM oft hervorhebt, dass mit der Milchviehhaltung auch Arbeitsplätze und Wertschöpfung in der Region bzw. im ländlichen Raum verbleiben, dann tritt der Stallbau von Familie Grießer den perfekten Beweis dafür an. Jedes Gewerk – von der Zimmerei, über den Elektriker, den Spengler, den Dachdecker etc. – alle Arbeiten wurden im unmittelbaren regionalen Umfeld vergeben. Das Dach wurde mit einem aufwendigen Aufbau bestehend aus einer Lage Straßenbauvlies, einer Dachfolie mit einer Stärke von 1,3 mm, wieder einer Lage Straßenbauvlies und darauf 14 cm Substrat aufgebaut und begrünt. Vor dem Stallneubau wurden rund 40 Kühe im Anbindestall gehalten, im heutigen Grasdachstall als Laufstall befinden sich 47 Kühe mit eigener Nachzucht – gerade so viel, wie mit einem Roboter, ohne zu stark an die Grenzen zu gehen, gut zu schaffen ist, so Josef Grießer. Ein offener Dachfirst lässt das Wetter teilweise in den Laufgang des Stalls und „ersetzt“ so durch seine Wetterreize einen Laufhof. Die im Stall entstehende Feuchtigkeit sei gar nicht so ausgeprägt, erklärt uns Josef Grießer. Der Stall hat ein Gefälle von 0,5% zum Gülleschacht, damit alles gut abläuft und keine Staunässe im Stall ist. Die schmalen Teilbaukörper sorgen für eine gute Durchlüftung und das Grasdach mit seiner Verdunstungskälte und auch mit seiner isolierenden Wirkung sorgen für ein gutes Stallklima. Die Arbeit im Stall erleichtern ein Abschiebe- und ein Fütterungsroboter ebenso wie eine automatische Separation/gelenkte Kuhführung. Der Betrieb Grießer besitzt eine Heutrocknung, in der auch das Einstreu getrocknet wird. Außerdem wird eine 100 kW Biogasanlage betrieben, in die die Gülle des Betriebs geht und deren Strom ins regionale Stromnetz eingespeist wird.

In der Heutrocknungshalle finden schließlich auch die Gespräche in gemütlicher Runde bei Würstchen und Getränken statt. Wie schädlich es ist, am Markt vorbeizuproduzieren, ist auch hier Thema. Josef Grießer regt an, dass der BDM seine Marktprognosen noch deutlicher veröffentlichen sollte.

Herzlichen Dank an Familie Grießer, die uns auf ihrem Betrieb willkommen geheißen hat und sich Zeit für uns genommen hat. Auch die lebhafte Diskussion trotz kleiner Runde war uns eine Freude.

Eine wieder deutlich größere und durch alle Altersklassen gut gemischte Runde ist bei Familie Diethelm in Inning anzutreffen – unser nächster Stopp bei unserer „Tour de Dorf“, die uns durch wirklich schöne Winterlandschaften und Nebenstrecken in ganz Deutschland führt. Manfred Gilch hat den „Staffelstab“ an Hans Leis, mit dem er sich den Landesvorsitz in Bayern teilt, übergeben. Auch BDM-Sprecher Hans Foldenauer ist nun wieder mit dabei. Familie Diethelm hält in ihrem 2006 neu gebauten Stall 80 Fleckvieh, deren Gülle in die angrenzende Biogasanlage (75 kW) geht. Gemolken wird in einem Doppelzwölfer Melkstand. Besonderheit im großzügig gebauten Stall ist die Schlauchlüftung, die eine gezielte Luftführung hin zum Futtertisch und zu den Liegeboxen gestattet und damit für weniger Hitzestress und Fliegen in den wichtigen Stallbereichen sorgt. Weitere Besonderheiten des Milchviehbetriebs, in dem mehrere Generationen gut zusammenarbeiten: Der Betrieb ist komplett eigenmechanisiert, um in der Außenwirtschaft unabhängig zu sein. Besonders Georg Diethelm jun. ist als Eicher-Fan bekannt – für den Fuhrpark des Betriebs interessierten sich daher einige Besucher ebenfalls. Sehr interessant war die etwas ausführlichere Einführung in die Funktionsweise der betrieblichen Biogasanlage mit Einspeisung ins Nahwärmenetz: Um zu verhindern, dass sich eine dicke Schwimmschicht bildet, kommt hier statt eines klassischen Rührwerks eine Beregnungstechnik zum Einsatz: Die Substratoberfläche im Fermenter wird über ein Pumpsystem und gesteuerte Düsen mit flüssigem Substrat beregnet. Die Biomasse wird dabei gut durchmischt. Einbauten im Fermenter, wie eine störungsanfällige Rührtechnik, entfallen.

In der beheizten Werkstatt lud Familie Diethelm ihre Kolleginnen und Kollegen schließlich zu Kaffee und leckerem, selbstgemachten Kuchen ein. Dafür von allen Gästen ein herzliches Dankeschön an die ganze Familie! Und Hans Leis und Hans Foldenauer fassten für alle Anwesenden zusammen, worüber beim BDM gerade diskutiert wird und die Tourfahrer berichteten von ihren Eindrücken von der Tour. Wir haben viele unterschiedliche Ställe gesehen, mit ganz eigenen Ideen und Philosophien, aber alle beschäftigen sich intensiv mit ihren Tieren und Ställen und überlegen regelmäßig, wie sie die Milchviehhaltung weiter verbessern können. Manchmal sind es schon Kleinigkeiten, die viel ausmachen können.

Weiter geht´s für die Tour nach Baden-Württemberg!

Dienstag, 5. Dezember

In Schnabelwaid – nur ca. 20 km südlich von Bayreuth – liegt der Betrieb von Hermann, Claudia und Kilian Lindner, dem Hofnachfolger. Wir freuen uns, dass uns und unseren Tourbus bereits so viele Kolleginnen und Kollegen trotz angekündigtem Eisregen erwarten. Gemeinsam beginnen wir zunächst mit der Stallbesichtigung. Neben 3 Alpakas (als Hobby) stehen 130 melkende Kühe, 2 Melkroboter, im Milchviehstall der Lindners. Ein Abschieberoboter sorgt für die Entmistung.

Die Gülle geht in die 200 kW-Biogasanlage. Auch dieser Betrieb entwickelt sich stetig weiter, das wird im älteren Stall, aber vor allem auch in der Stallerweiterung, der neuen Tierwohlliegehalle, die sich aktuell noch in Bau befindet, deutlich. Eine Transformation hin zu mehr Tierwohl haben die Lindners dabei im Blick – mit den üblichen Ärgernissen rund um Antragsstellung und Planung. Auch bei den bisherigen Betriebsbesichtigungen haben wir immer wieder die gehört, dass die eigentliche Bauzeit selten länger als ein Dreivierteljahr bis ein Jahr dauert. Die Planungs- und Antragsphase hingegen nimmt schnell mal bis zu 5 Jahre (!) Zeit in Anspruch. Eine Joggerweide ist im Übrigen ebenfalls geplant – mehr Flächen stehen allerdings rund um den Hof nicht zur Verfügung. In Grüppchen tauschen sich die Besucherinnen und Besucher schon während der Stallführung angeregt miteinander aus. Um allen die BDM-Arbeit der vergangenen Monate näher zu bringen, geht es in die Maschinenhalle, in der Tische und Bänke aufgestellt sind.

Beim Gang durch die hervorragend ausgestattete Werkstatt in die Maschinenhalle wird auf einen Blick deutlich, dass hier nicht nur Kuhliebhaber, sondern auch Menschen mit einem großen Interesse an Maschinen am Werk sind.

Wunderbar beheizt ist die Maschinenhalle, es gibt Leberkäse, Kraut und Brötchen, heiße und kalte Getränke. Vorstand Bernhard Heger stellt noch mal die aktuellen Vorstandsmitglieder näher vor, berichtet von der politischen Arbeit des BDM und welche Schwerpunkte weiterhin bearbeitet werden. Auch hier entspinnt sich ein angeregter Austausch, den wir leider zu früh verlassen müssen, da unser Zeitplan heute sehr eng getaktet ist. Gerne wären wir noch im Gespräch mit den Kolleginnen und Kollegen geblieben, die noch keine Anstalten machten, ebenfalls aufzubrechen. Uns freut es sehr, diesen regen Austausch in der Region zu erleben. Man sieht sich zu selten, weil überall die Arbeit im Vordergrund steht – das wird oft deutlich.

Vorstand Bernhard Heger fährt mit der Bahn nachhause in seinen Betrieb. Da ja alle Vorstände des BDM aktive Milchviehhalter sind, ist es nicht gerade einfach, sich für mehrere Termin vom Betrieb loszueisen.

Wir konnten uns nur schwer losreißen, daher kommen wir mit ein wenig Verspätung im Kompoststall von Familie Dirschwigl im oberpfälzischen Oberkatzbach/Guteneck (nahe Schwandorf) an. Auch hier haben sich rund 40 Kolleginnen und Kollegen zu unserem Treffen am Futtertisch eingefunden – darunter auch die BDM-Vorstände Johannes Pfaller und Manfred Gilch, die den Staffelstab damit von Bernhard Heger übernehmen. Johannes Dirschwigl ist schon mitten drin in den Erklärungen rund um seinen Stall: Der Kompoststall mit Laufhof wurde 2018 gebaut – damit einhergehend erfolgte auch die Umstellung auf Bio. 73 Kühe bzw. 63 Melkende hält Dirschwigl im großzügigen Außenklimastall. Die Kühe sind in ihren Bewegungen komplett frei. Gemolken wird mit einem Melkroboter. Alle zwei Wochen wird in den Kompoststall einen LKW-Ladung Sägespäne eingestreut, zweimal am Tag wird die Einstreu gegrubbert, durchgemischt und eingeebnet, drei- bis viermal im Jahr wird der Kompost ausgeräumt. Auch Hackschnitzel werden teilweise eingestreut, allerdings muss hier sehr darauf geachtet werden, dass die Hackschnitzel sauber sind, berichtet Johannes Dirschwigl von seinen Erfahrungen. Er zeigt sich insgesamt sehr zufrieden mit seiner Umstellung auf den Kompoststall, denn die Tiere genießen die weiche Unterlage sichtlich und kauen in aller Ruhe wieder. Ein „Selbstläufer“, der kaum Arbeit macht, ist aber auch ein Kompoststall nicht – das wird ebenfalls deutlich. Knowhow und Pflege sind wichtig.

Um es auch der menschlichen „Herde“ im Außenklimastall behaglicher zu machen, hat Familie Dirschwigl Heizpilze auf dem Futtertisch aufgestellt und wärmt die Kollegen auch von innen mit Punsch und Glühwein. Manfred Gilch und Johannes Pfaller berichten von den Aktivitäten des BDM auf Bundesebene und von den europäischen Kollegen. Auch hier entsteht wieder ein toller Austausch mit vielen Themen und interessierten Fragen. Ein herzliches Dankeschön geht an Familie Dirschwigl für ihre Gastfreundschaft, ihre Zeit und die wärmende Bewirtung!

Manfred Gilch und Johannes Pfaller müssen nachhause in ihre Ställe, die Tourfahrer machen sich noch auf den Weg nach Schechen bei Rosenheim, wo morgen unser nächster Tourstopp stattfindet.

Montag, 4. Dezember

Wir sind zu dritt in „neuer-alter“ Besetzung: Vorstand Bernhard Heger stößt noch einmal zur Tour, um die Teams in Oberfranken kennenzulernen. Der Betrieb von Familie Schmidt in Töpen bei Hof ist heute unsere erste Station am Mittag. Die Feuertonne ist schon einladend geschürt, aber der Wind zieht eisig über die oberfränkischen Höhen. Der Stallbesuch verspricht da nicht nur interessante Einblicke, sondern auch Windschutz und eine gewisse Wärme. Im neuen Stall stehen rund 60 Jungtiere mit viel Licht und Luft. Angesichts hoher Kosten und niedriger Preise zur Bauzeit hat sich Familie Schmidt zu vorsichtigen Investitionen, d.h. zunächst gegen eine neuen Melkstand und damit gegen den Umzug der melkenden Kühe entschieden. 70 melkendes Fleckvieh und 1 Grauvieh stehen im älteren Stall, der in den 80er Jahren gebaut und immer wieder an die Bedürfnisse der Kühe, aber auch die Arbeitsorganisation angepasst wurde. Am Futtertisch lassen sich sehr gut die Vorlieben der Kühe feststellen: Im helleren Stallbereich ist der Futtertisch schneller leer als in den Bereichen mit etwas weniger Licht. Besonders beliebt sind die Tiefboxen mit Einstreu – der Bereich im Stall, der am schnellsten belegt ist. Roboter sind am Futtertisch und zum Entmisten im Einsatz.

Nach dem Rundgang durch den Stall geht es mit Familie Schmidt und weiteren Milchbäuerinnen und Milchbauern in das alte, klassische Dorfwirtshaus. Ein Wirtshaus, wie es heute nur noch ganz selten existiert: Die dicken Mauern bescheren uns eine mobilfunkfreie Zone. Extra für uns hat der Wirt an einem Montagnachmittag seine Gaststube geöffnet und schenkt Kaffee zu den von den Bäuerinnen gebackenen, leckeren Kuchen. Udo Häßler, BDM-Kreisteamleiter, eröffnet die Gesprächsrunde. Die Tourfahrer berichten von der Tour, von der BDM-Arbeit und schnell kommen wir mit den anwesenden Kollegen auch zur Frage der Zukunft für die Milchviehhaltung. Es war schön, auch hier wieder Kollegen mit einem so klaren und verständigen Blick auf den Milchmarkt anzutreffen. Ganz herzlichen Dank an Familie Schmidt für ihre Stallführung, an Udo Häßler für die Organisation und die Bäuerinnen für die leckeren Kuchen!

So gestärkt und motiviert fahren wir weiter zu unserem abendlichen Termin in die nördliche Oberpfalz ins Gemeinschaftshaisl in Kleinsterz/Mitterteich. Hier besuchen wir diesmal keinen Kuhstall im Dunkeln, sondern freuen uns über sehr angeregte, freundliche und interessante Gespräche im Warmen. Leckerer Hofkäse aus der Region, Zoiglbierbrezen (Zoigl: ein untergäriges, ungefiltertes und nicht behandeltes Bier, das in Hausbrauereien und Kommunbrauhäusern in der Oberpfalz gebraut wird) und Getränke stehen für uns bereit. Es macht Spaß auch in kleineren Runden, wenn jeder zu Wort kommt und ein richtiger Austausch statt eines reinen Vortrags zustande kommt. Die Vernunft siegt irgendwann: Wir beenden für uns den Abend, auch wenn das Team noch zusammensitzt. Wir müssen noch rund 1 Stunde zu unserer Unterkunft in Bayreuth fahren. 0.30 Uhr ist es schon, als wir dort ankommen.

Herzlichen Dank an Matthias Zahn und Christina Kunz für die Organisation und leckere Verpflegung an diesem Abend!

Sonntag, 3. Dezember: Pause zuhause: Büroarbeiten, Wäsche waschen, Koffer neu packen…

 

 

Samstag, 2. Dezember

Unser heutiger Termin ist ein Treffen mit einem der ganz aktiven Gründer des damaligen BDM Nord. Dirk Huhne, Kuhmensch durch und durch und vielen bekannt als konsequenter Streiter für mehr Wettbewerb um die Milch und mehr Marktverständnis bei den Bauern, begrüßt uns auf seinem Betrieb in Parchim. „Wer Kühe hält, muss Kühe lieben“ – das ist es, was ihn antreibt. Bei 900 Kühen kennt er noch die einzelne Kuh und ihren Charakter. Samstags geht auch er als Chef noch selbst in den Melkstand – als Signal an seine Mitarbeiter und um Kontakt zu den Tieren zu halten. Routinen und immer gleiche Abläufe sind ihm wichtig, weil das die Grundlage für eine gleichmäßige Milchleistung ist und auch dafür, auch mit Ausnahmesituationen gut umgehen zu können, die es auf jedem Betrieb immer mal geben kann. Trotzdem legt Dirk Huhne Wert darauf, dass seine Mitarbeiter nicht nur eng begrenzte Aufgaben übernehmen, sondern auch in anderen Bereichen mit anfassen. So hat jeder den Betrieb und die Abläufe als Ganzes ein bisschen im Blick und es bewahrt eine gewisse Flexibilität, wenn in einem Bereich Arbeitskräfte einmal ausfallen. Im Melkkarussell mit 36 Plätzen (Innen-Melker) werden die Kühe zwei Mal am Tag gemolken. Ausreichend Pausen für die Kühe zwischen den Melkgängen sind Huhne wichtig. Auf 1.000 ha wird Mais angebaut – für Kühe und Biogas (1,3 MW), in die auch die Gülle der Kühe geht. Geld verdient wird zudem vor allem mit Wind: 27 Windräder auf dem Land von Dirk Huhne bilden den größten privaten Windpark im Norden. Nach dem schnellen Betriebsrundgang treffen wir zusammen mit Dirk Huhne auch den ehemaligen Geschäftsführer des BDM Nord, Eckhard Harder, der den BDM in vielen Bereichen visionär nach vorne entwickelt hat. U. a. die Auflage von „BDM aktuell“ war eine Idee, die auf sein Konto ging. Herrlich, sich mit den alten Kämpfern auszutauschen und zu sehen, dass alle zwar älter, aber in vielen Dingen immer noch die gleichen klaren und konsequenten Köpfe wie früher sind. Ein sehr schönes Wiedersehen! Herzlichen Dank an Dirk für seine Einladung!

Für uns geht es jetzt wieder Richtung Süden, um am Sonntag einen Tag Pause zu machen. Eigentlich hätte der Tourbus in Bayreuth Halt machen sollen, denn im nördlichen Oberfranken soll es am Montag weitergehen. Der schneebedingte Komplettausfall von Bahn und S-Bahn rund um München zwingen Jens den Tourbus noch für die Heimreise zu nutzen.

 

 


Freitag, 1. Dezember

Zweistellige Minustemperaturen in Schleswig-Holstein in der Nacht, Schnee und vereiste Fahrbahnen – mit so viel Winter hatten wir bei unserer Tour im Norden wirklich nicht gerechnet. Unser erster Besuch am Morgen gilt Hof Fuhlreit in Kropp, seit 1881 der Stammsitz von Familie Sierck. Auch BDM-Vorstandsvorsitzender Karsten Hansen stößt zum Team und begleitet uns durch Schleswig-Holstein. Jörn Sierck, der den landwirtschaftlichen Betrieb zusammen mit seinem Sohn Hauke führt, empfängt uns Tourfahrer und ein paar Kollegen, um uns seinen Betrieb näher vorzustellen. So naturnah wie möglich zu wirtschaften, d.h. die Bodengesundheit zu fördern und gentechnikfreie Futtermittel im eigenen Betrieb herzustellen – das sind wichtige Aspekte der Bewirtschaftung auf Hof Fuhlreit. 2009 investierte man in eine eigene Hofmolkerei, deren Produkte man heute über den Hofladen, über Schulen und Kindergärten sowie über einzelne Lebensmittelläden verkauft. Die Verarbeitung und Vermarktung lagen bzw. liegen in Verantwortung von Gunda, Jörns Ehefrau, und zunehmend von Sohn Arne. Von April bis Oktober läuft der Weidebetrieb auf den arrondierten Flächen um Hof Fuhlreit. Für die Winterfütterung der Kühe, Bullen, Ochsen und der Nachzucht, die auf dem Hof großgezogen wird, wird das Grundfutter (Gras- und Maissilage) sowie ein Großteil der Kraftfutterkomponenten (Getreide, Lupinen, Erbsen) selbst angebaut. Auch auf diesem Betrieb sind die Siloplatten bzw. die Art der Silage ein interessantes Highlight. Bis zum Jahr 2020 hat man ein gängiges Silagesystem betrieben mit Silomieten, die mit Silofolie und Altreifen abgedeckt waren. Als es im Zuge der neuen Verordnung zur Lagerung von Silage darum ging, wie die Silageplatten aus Beton saniert werden könnten bzw. ob ein Fahrsilo mit Außenwänden errichtet werden sollte, hat man sich stattdessen für eine andere Art der Silierung entschieden, die mehr Flexibilität versprach: eine Tunnelsilage mit der Silospeed. Es handelt sich dabei um eine Folienpresse, in der Gras, Mais und z.B. Rübenpressschnitzel verpresst werden können. Das Siliergut wird in der Silospeed vorverdichtet, in einen Metalltunnel gepresst und automatisch mit einer Silofolie verschlossen (kein Schlauch). Jörn Sierck ist mit dem Ergebnis sehr zufrieden: Durch die hohe Pressdichte und das sofortige luftdichte Abschließen hat er kaum Gärverluste, eine schnelle Milchsäurebildung und ein sehr hochwertiges Futter.

Das Fachsimpeln bei Minustemperaturen auf eisigem Boden lässt uns ordentlich durchfrieren. Umso freudiger unsere Überraschung, als es in der warmen Stube dann eine heiße Suppe und warme Getränke für uns gibt. Der Rum zum Tee lacht uns an, aber die Vernunft als Tourfahrer siegt dann doch. Im Warmen diskutieren wir angeregt über den Milchmarkt, die Agrarpolitik und unser Verbandsleben. Konstruktiv und interessant ist dieser Austausch und könnte auch länger gehen, aber der nächste Betrieb in Embühren wartet bereits auf uns. Ganz herzlichen Dank an Familie Sierck für das herzliche Willkommen, die leckere Verpflegung und die ausführliche Hofführung.

Auf dem traditionsreichen Betrieb von Familie Riecken in Embühren werden wir schon von Kollegen und einer reichlich gedeckten Kaffeetafel mit Torten, Kuchen und Broten erwartet. Auf Platt fliegen die Wortbeiträge hin und her – wir Süddeutschen sitzen dabei und erschließen uns manches aus dem Zusammenhang und mit etwas Raten. Jonas, der Hofnachfolger im Betrieb Riecken, führt uns anschließend noch durch den Laufstall (mit Laufhof) und anliegender Weide für die Jungtiere – leider schon im Dunkeln, was in dieser Jahreszeit aber natürlich fast unausweichlich ist. Auch den Swing Over Doppel 20er Melkstand können wir noch besichtigen. Ganz viel Ruhe im Stall mit 250 Rotbunten, sehr sauberen Kühen. Neugierige und zutrauliche Tiere – man merkt sofort, wo Kuhmenschen mit Bindung zu ihren Tieren am Werk sind.

Ein ganz herzliches Dankeschön an Heike und Gerd Riecken für die Torten und Kuchen, die ein echter Gaumen- und Augenschmaus waren. Und an Jonas, der uns seine Liebe zu den Kühen eindrucksvoll gezeigt hat.

Und weiter geht es für uns noch am Abend nach Mecklenburg-Vorpommern, wo wir morgen noch ein Treffen vereinbart haben, ehe wir uns auf den Weg in den Süden machen.

 

 


Donnerstag, 30. November

Fliegender Wechsel im Tourfahrer-Team: Vorstand Bernhard Heger muss schon ganz früh nach Hause aufbrechen, Jens Scherb stößt zum Tour-Team. Auf dem Betrieb Onneken führt uns Hofnachfolger Tobias Onneken nach einem leckeren Frühstück mit Familie, Auszubildender und Betriebshelfer durch den Stall mit 150 zu melkenden Kühen, die das ganze Jahr in den geräumigen Auslauf können, der direkt an den Stall angeschlossen ist. Mindestens 120 Tage im Jahr stehen die Kühe außerdem auf der Weide. Ein Galloway-Bulle läuft mit der Herde (Natursprung), Jungtiere werden aber weitgehend zugekauft. Das komplette Futter wird auf den Flächen des Betriebs produziert: 140 Hektar bewirtschaftet der Betrieb, davon 40 Hektar Weideflächen, die in großen Teilen um den Hof arrondiert sind. Mit der Übernahme des Betriebs durch Tobias Onneken soll auch ein Stallneubau in Angriff genommen werden, der steigenden Anforderungen an die Tierhaltung auch weiterhin Rechnung trägt. Besonders interessant sind in diesem Betrieb die neu gebauten Siloplatten: 3 Platten nebeneinander jeweils mit einer Länge von 80 m und 13 m Breite – die dank fehlender Wände und Schwellen sogar quer befahrbar wären. In den Architektenplänen noch anders – ein erfahrener Bauunternehmer fand schließlich eine Lösung, die praktikabel und mit dem nötigen Gefälle genehmigungsfähig war. Herzlichen Dank an Familie Onneken, die sich nicht nur Zeit für uns genommen hat, sondern uns auch beherbergt und verköstigt hat.

Weiter geht´s zum Betrieb von Steffen Hinrichs in Hesel, der seit 2018 einen Hofladen betreibt. Verkehrsgünstig direkt an einer Bundesstraße gelegen, um Autofahrer auch spontan anzusprechen, berichtet Steffen Hinrichs doch, dass überwiegend feste Laufkundschaft in seinem Hofladen einkauft. Er erzählt uns auch, dass so ein Laden kein „Selbstläufer“ ist, sondern jede Menge Arbeit und Zeit in Anspruch nimmt. 120 Kühe hält er in seinem Betrieb, den er konsequent, aber mit Bedacht Schritt für Schritt weiterentwickelt hat, mit einem besonderen Augenmerk darauf, dass notwendige Investitionen so kalkuliert sind, dass sie möglichst ohne viel Fremdkapital für den Betrieb finanzierbar und stemmbar sind. Aktuell wird ein neuer Melkstand gebaut – eine bewusste Entscheidung zusammen mit den Töchtern, die in den Startlöchern stehen, um den Betrieb weiterzuführen.

Für uns Tour-Fahrer geht es zügig weiter nach Barmstedt in Niedersachsen, denn schon am Nachmittag werden wir auf Hof Gackau der Familie Wehmann zur Betriebsbesichtigung erwartet. 800 Kühe hat der Betrieb derzeit insgesamt in großzügigen Stallungen und ein Melkzentrum mit einem Melkkarussell mit 44 Plätzen (Außenmelker). Dreimal pro Tag werden die Kühe gemolken. Gut zu sehen ist, dass die Kühe mit großer Ruhe schon darauf warten, in den Melkstand zu dürfen. Die eine oder andere Kuh muss dazu animiert werden, den Melkstand auch wieder zu verlassen, einzelne drehen auch mal eine zweite Runde. Helmut Wehmann erzählt, dass sie im Laufe der Zeit die Helligkeit im Melkkarussell erhöht haben, als sie festgestellt haben, dass die Kühe das offenbar bevorzugen. „Sie schauen sich im Karussell gerne an und sind ganz ruhig“, meint Helmut Wehmann, der uns über den Betrieb führt. Überhaupt stehen die Bedürfnisse der Kühe in diesem großen Betrieb ganz oben. Aber auch an die Mitarbeiter hat man in diesem Betrieb gedacht: Die Arbeitsabläufe und Zuständigkeiten sind klar arbeitsteilig strukturiert. Der Melkstand mit zwei Melkern kann im Winter über die Biogasanlage beheizt werden und im Sommer über zwei Rolltore belüftet werden. Am Ende eines Melkdurchgangs übernimmt ein Roboterarm das Auftragen des Dipmittels – ein sparsamerer Auftrag ist dadurch möglich. Direkt an das Melkkarussell angeschlossen befinden sich die Sozialräume für die Mitarbeiter und auch das Büro der Herdenmanagerin, die von ihrem Büro aus nicht nur via Computer einen Überblick über den Stall hat, sondern über ein Fenster auch direkt in den Stall schauen kann. Über fünf Jahre hatten allein die Planungen für all das gedauert, ehe 2015 der erste Spatenstich erfolgt ist. Für Familie Wehmann hat sich der Schritt gelohnt, denn die nächste Generation führt den Betrieb weiter. „Wenn die Kreisläufe weitgehend geschlossen sind und auch die Gülle im Betrieb verwertet wird, ist das aus unserer Sicht ein zukunftsfähiges Wirtschaften“, so Helmut Wehmann.

Bei Kaffee und leckeren Torten und Kuchen tauschen wir uns mit den Kollegen nach dem ausführlichen Betriebsrundgang über die Agrarpolitik, den BDM und u.a. auch über das Bewusstsein von Kühen und Makakenaffen 😊aus.

Es ist schon Abend, als es für uns weitergeht nach Schleswig-Holstein. Über 100 km sparen wir mit unserer Elbüberquerung per Fähre und kassieren als ersten Spruch des Kassierers auf der Fähre: „Sie wissen schon, dass Sie eine Kuh überfahren haben, oder?“ Überhaupt ist auch hier wieder feststellbar, wie viel Aufmerksamkeit unsere Faironika auf sich zieht, die wir hinter unserem Tourbus auf einem so genannten „Kadaverkorb“ montiert haben. Wir hätten unten im Korb noch Platz für einen Wolf, ist uns eingefallen, als wir durch tief verschneite Wälder in Niedersachsen gefahren sind.

 


Mittwoch, 29. November

Unser Pensionswirt in der „Mähdrescherstadt Harsewinkel“, wie auf den Ortsschildern zu lesen ist, berichtet am Morgen, wie deutlich er es spürt, wenn die Landwirte sich in einer Krise befinden und bei der Firma Claas weniger produziert wird. Bei der Betriebsbesichtigung des gigantischen Claas-Werks treffen wir wieder Kollegen – diesmal vor allem aus dem Raum Münsterland. Nach der Betriebsführung in zwei Gruppen folgt ein gemeinsames Mittagessen sowie eine filmische Einführung in die Betriebsgeschichte des Hauptwerks, in dem ab 1936 Mähdrescher hergestellt wurden. Schon traditionell stark exportorientiert hat man seine internationale Präsenz seit den 90er Jahren bis heute noch einmal deutlich verstärkt (80% der in Deutschland hergestellten Maschinen gehen in den Export), auch die Digitalisierung ist ein weiteres Wachstumsfeld der Firma Claas. Auch hier berichtet Bernhard Heger von der aktuellen Marktsituation und den Tätigkeiten des BDM auf Bundesebene. Dass es „tödlich“ ist, am Markt vorbei zu produzieren, bestätigte insbesondere der bei Claas im Vertrieb tätige Mitarbeiter, der uns als Besuchergruppe für Fragen zur Verfügung stand. Bei Claas wird nur produziert, was konkret bestellt, d.h. von einem Händler gekauft ist. Eine Situation, die auch für die Milcherzeuger das Ziel sein muss.

Für uns ging es danach noch weiter Richtung Ostfriesland – hier wurden wir von Familie Onneken schon erwartet. Zu einer gemütlichen Wohnzimmerrunde hatten Konrad und Thekla Onneken ihre Kollegen eingeladen und das Wohnzimmer mit zusätzlichen Stühlen und Tischen adventlich eingedeckt. In lockerer und freundschaftlicher Runde wurden betriebliche, aber vor allem auch politische Themen bis spät in die Nacht mit Vorstandsmitglied Bernhard Heger diskutiert. Ein gutes Format – da stimmten alle überein: Endlich mal die Gelegenheit die anliegenden Themen auch ein wenig intensiver durchzusprechen, zog eine Teilnehmerin ihr persönliches Fazit.

 


Dienstag, 28. November

Unser „Kuhmobil“ mit dem Schriftzug „Tour de Dorf“ regt auch in der Pension zu Nachfragen und Gesprächen an: Wie viel Milchviehhalter hat es früher in der Region gegeben? Wie viele gibt es noch? Was hat sich verändert? Immer wieder kann man feststellen, dass ein pauschales Verbraucher-Bashing genauso falsch ist wie ein Bauern-Bashing. Viel Zuspruch und positive Resonanz – das erfährt man ganz nebenbei bei einer derartigen Tour.

Unser „offizieller“ Termin findet heute erst am Abend in der Hofmolkerei „Volle Kanne“ auf dem Betrieb der Familie Engels statt. Zeit für einen „spontanen“ Besuch auf dem Betrieb von Familie Alterauge, die neben der Milchviehhaltung mit rund 70 Kühen (mit Melkroboter), der Hofmolkerei zusammen mit Familie Engels auch ein überregional bekanntes Forstservice-Unternehmen betreibt. Ein wirklich hohes Arbeitsaufkommen, ein großes Maß an Arbeitsorganisation und vor allem auch an Optimismus braucht es, um all diese Bereiche zu wuppen. Immer schön und vor allem interessant, sich mit den Frauen, die hinter all dem stehen und in die Arbeitsprozesse eingebunden sind, zu unterhalten. Vielen Dank an Susanne Alterauge! Für uns Zeit bis zum Abendtermin auch ein paar dringende Mails im warmen Gemeinschaftsraum zu beantworten.

Vorstandsmitglied Bernhard Heger ist heute extra aus Weilheim angereist, um Team-Mitglieder aus dem Sauerland persönlich kennenzulernen und die Tour zu begleiten.

Sehr glatt sind die Straßen am Abend auf dem Weg zur Hofmolkerei „Volle Kanne“. Dennoch haben sich einige Kollegen aus dem Hochsauerlandkreis auf den Weg gemacht, um mit uns den Betrieb von Familie Engels zu besichtigen und einen Einblick in die Abläufe einer Hofmolkerei zu nehmen. Alle helfen zusammen – so beschreibt man wohl am besten die Arbeitsabläufe im Betrieb und in der Hofmolkerei, die die Familien Engels und Alterauge gemeinsam betreiben. Kathrin hat den Milchviehbetrieb Engels von ihren Eltern übernommen, ihre Schwester Anna führt die Produktion in der Hofmolkerei, Simon Alterauge – Hofnachfolger im Betrieb Alterauge mit rund 70 Kühen – kümmert sich um den Milchtransport und Logistik, Susanne Alterauge um Verkostungen in umliegenden Läden – und natürlich sind alle Generationen mit eingebunden. Zunächst führte die Agrarbetriebswirtin Kathrin durch den Stall mit rund 150 Kühen und Melkroboter und erklärte ihre Schwerpunkte und Pläne in der Betriebsentwicklung. 95 ha Grünland, 20 ha Ackerland und 60 ha Wald bewirtschaftet sie aktuell zusammen mit ihrer Familie. Viel Wert legt sie auf Vielfalt: So sind in der Herde, die hauptsächlich aus Holstein Rotbunten oder Schwarzbunten besteht, auch einige Schwedisch Rotbunte und Jerseys zu finden. Wie schwierig teilweise bauliche Nachbesserungen im laufenden Betrieb zu realisieren sind, auch davon berichtete sie im offenen Erfahrungsaustausch mit den Berufskollegen. Am Willen zur Weiterentwicklung fehlt es jedenfalls grundsätzlich nicht – das wurde allgemein deutlich. Nach dem Fachsimpeln in der Kälte folgte eine Vorstellung der Hofmolkerei im warmen und sehr modern eingerichteten Gemeinschaftsraum der Molkerei, die in ihrer produktionstechnischen Ausstattung professioneller als viele handwerkliche Hofmolkereien, aber noch weit weniger automatisiert als industrielle Anlagen ausgestattet ist. Neben traditionell hergestellter Trinkmilch, Joghurts, Sahne und Magerquark wird auch A2-Milch verarbeitet, die vor allem vom Fleckviehbetrieb der Alterauges kommt. In der Bewerbung muss diese Milch als „Wohlfühl“milch vermarktet werden, da Gesundheitsaspekte wie eine bessere Verträglichkeit nicht beworben werden können, berichtet die Molkereileiterin Anna. Nach Stall und Molkerei berichtet schließlich BDM-Vorstand Bernhard Heger bei Pizza und Bier von der BDM-Arbeit auf Bundesebene. Es ist schon nach 23 Uhr, als sich die Tourfahrer noch aufmachen ins nordrhein-westfälische Harsewinkel, wo am nächsten Tag das Claas-Werk besichtigt werden soll. Dass es noch glatt auf der Straße ist, merkt Bernhard Heger noch im kurzen, persönlichen Straßenkontakt… 😉. Unser herzlicher Dank geht an die Kollegen im Sauerland für Ihr Interesse und an die Familien Alterauge und Engels für ihre Gastfreundschaft!

 


Montag, 27. November

Wie gut, dass wir schon in der Nacht in die Eifel gereist waren. Eine dicke Schneedecke am Morgen, liegengebliebene LKWs und Fahrzeugkolonnen verdoppelten unsere Fahrzeit schon auf den wenigen Kilometern, die uns noch vom Hof von Familie Laures in Fleringen trennten – die heutige Station unserer „Tour de Dorf“. 230 Milchkühe in einem modernen, 2021 erbauten Boxenlaufstall warteten auf die rund 45 Besucher, die sich trotz der widrigen Straßenverhältnisse aus der Region auf den Weg gemacht hatten.

Nach einführenden Worten von BDM-Landesvorsitzenden Kurt Kootz und einem Überblick über die aktuellen Aktivitäten des BDM auf Bundesebene durch Vorstandssprecher Hans Foldenauer stellte Familie Laures den Kollegen ihren Stall vor, der einige interessante Besonderheiten hat. Mit einem sehr hohen Anteil an Eigenleistung hat Familie Laures ihren Stall erbaut und sich dabei von anderen Stallbesichtigungen inspirieren lassen. Schon in den vermeintlich kleinen Dingen wie z.B. den abgerundeten Kanten der Betonwände wurde besonderes Augenmerk auf die Physiognomie und die Bedürfnisse der Kühe gelegt und mögliche Gefahrenquellen beseitigt.

Fast wohnlich wirkte der Stall durch seine moderne Bauweise mit sehr viel Holz. Aber auch innovative Technik wie ein Einstreuroboter fehlte nicht. Besonderheiten des 100 % ebenerdigen Stalls ohne Stufen bzw. Übergänge mit Laufhof sind außerdem der Hybrid Spaltenboden (50% Gummi, 50% Beton), Wellenfressgitter, kanadische Lüfter (2,20 m Durchmesser), Lichtsteuerung, Selektionstor, vollhydraulischer Klauenkippstand, elektrischer Kuhtreiber sowie zwei nebeneinanderliegende vollausgestattete Doppelachter-Melkstände (zusammen 32er Melkstand).

Interessante Fachgespräche unter Kollegen und mit den Familienmitgliedern, die mit vollem Engagement die Kühe im Blick haben, ließen die winterlichen Temperaturen vergessen. Mit einem Imbisswagen und Getränken war auch für das leibliche Wohl gesorgt.

Vielen Dank an Familie Laures – für ihre Gastfreundschaft und die Zeit, die sie sich für den Besuch von Kollegen genommen haben!

Für die Tourbus-Fahrer ging es noch am gleichen Tag weiter ins Sauerland. Einen vitalen, belebten ländlichen Raum – der entsprechend auch montags ein gastronomisches Leben bereithält – das hätten wir uns bei unserer Suche nach einem warmen Abendessen doch recht dringend gewünscht. Ein Abenteuer hat uns das Sauerland mit seinen verschneiten Hügeln und Bergen aber jedenfalls geboten. Und ein unverhofftes Fahrtraining für unsere jüngste Fahrerin aus Mecklenburg-Vorpommern 😉.


 

Sonntag, 26. November
Unser Vernetzungstreffen in Baunatal ging mit der Fahrzeugtaufe und dem Startschuss für unsere „Tour de Dorf“ durch Deutschland zu Ende. Weiter ging es Richtung Marburg. An seinem 60. Geburtstag hatte sich unser ehemaliger Vorstandsvorsitzender Stefan Mann noch durch eine Reise unseren persönlichen Glückwünschen „entzogen“. Nun war er „fällig“ 😉. Sonntagnachmittag statteten wir ihm einen Überraschungsbesuch ab, um ihm nachträglich unser Geschenk zu überreichen. Seine Frau Claudia war eingeweiht und bewirtete uns mit leckerem Kaffee und Kuchen. Danke für die Gastfreundschaft! Weiter ging es Richtung Eifel, da hier am nächsten Morgen unser nächster Termin stattfinden sollte.


 

Gerne kommen wir unterwegs auch spontan bei Euch auf einen Sprung vorbei, wenn es sich einrichten lässt – sagt uns einfach Bescheid.
In den nächsten Tagen werden die Termine, unter anderem in Bayern und Baden-Württemberg, bekanntgegeben. Die Tour beginnt offiziell am 4. Dezember in Bayern.