Ein Kommentar des BDM zu Aussagen des Bauerntags

Die Forderungen, die vom Bauerntag des DBV zu vernehmen sind, sind so simpel wie eindeutig: Man brauche eine grundlegende Neuausrichtung der Politik, eine Risikoausgleichsrücklage müsse kommen, den laufenden Projekten (Düngegesetz, Zukunftsprogramm Pflanzenschutz, Bundestierschutzgesetz etc. müsse der Stecker gezogen werden.

Sehr konkret auch die Botschaft in Richtung Brüssel. Es wird ein größeres EU-Agrarbudget gefordert, allerdings ohne zu benennen, woher das Geld kommen soll. Deutlich die Haltung zum Agrarpaket, das die Ampelregierung zwei Tage vor dem DBV-Bauerntag vorgestellt hat: „Lichtjahre von dem entfernt, was notwendig ist“. In der Tat, das Ampel-Agrarpaket hätte viel Luft nach oben, daran ändert auch die Ansage der Ampelkoalitionäre wenig, das Päckchen nach der parlamentarischen Sommerpause zum Paket weiterentwickeln zu wollen.

Verwundert reibt man sich als jemand, der schon lange Jahre mit der Agrarpolitik befasst ist, die Augen über die Forderung des DBV nach einer grundlegenden Neuausrichtung der Politik. Das wäre ja wirklich mit einem Paradigmenwechsel zu verbinden, gelten in der Agrarpolitik doch immer noch die Ziele der sog. MacSharry-Reform von 1992, die da lauten: Erreichung einer globalen Wettbewerbsfähigkeit durch Intensivierung der Produktion, niedrige Inputkosten durch arbeitsteilige Produktion mittels Import von Futtermitteln, Prämien und Investitionszuschüssen zur Einkommenssicherung der Landwirtschaft, um nur einige Aspekte zu nennen. Was die Folgen dieser Agrarpolitik mit ihrem Kostendruck sind, ist uns allen mehr oder minder schmerzhaft bewusst.;

Eine ernstgemeinte Neuausrichtung müsste also genau an den Zielen der MacSharry-Reform mit ihrer Wirkung in der Gegenwart ansetzen. Doch ist es dem Bauernverband damit wirklich ernst? Mitnichten! Nein, er will so weitermachen wie bisher! Der Bauernverband will lieber weiter Bettler um öffentliches Geld sein, er will sich weiter dafür einsetzen, die Verarbeitungs- und Ernährungsindustrie mit billigen Rohstoffen zu versorgen. Er ignoriert die gesellschaftliche Entwicklung hin zu einer nachhaltigeren Produktion in regionalen Kreisläufen ebenso wie die Lage der Staatskassen. Er ist ein Bettler um öffentliches Geld, verweigert sich Diskussionen um Gedanken und Strategien, wie die Haupteinkommen der Landwirtschaft über den Verkauf der von ihr erzeugten Agrarprodukte erzielt werden können. Der DBV ist zum Interessenvertreter des der Landwirtschaft vor- und nachgelagerten Bereiches verkommen.

Bitte nicht falsch verstehen, in den Projekten und Themen, denen der DBV den Stecker ziehen will. liegt Zündstoff, das heißt, man muss sich hier einbringen, man darf sie der Politik so nicht „durchgehen“ lassen. Eine Pauschalablehnung hilft aber nicht weiter, vor allem dann nicht, wenn diese mit gezinkten Argumenten begründet wird. Nur ein Beispiel: Das Papier zum Zukunftsprogramm Pflanzenschutz, das das Bundesministerium vorgelegt hat, ist ausdrücklich als ein Vorschlag deklariert – verbunden mit der Aufforderung sich hierzu in die Diskussion einzubringen. Abgeleitet ist dieses Papier vom Abschlussbericht der Zukunftskommission Landwirtschaft ZKL, den der Bauernverband mitgezeichnet hat. Das verschweigt der DBV, genauso wie er verschweigt, dass er im ZKL-Abschlussbericht einer Verbesserung der Marktstellung der Landwirtschaft gegenüber ihren Abnehmern u.a. durch die Vorgabe von Lieferverträgen mit konkreten Angaben über Mengen, Qualitäten, Preisen und Lieferdauer zugestimmt hat. Er hat auch zugestimmt, dass die Gelder der Direktzahlungen schrittweise immer stärker an konkret zu benennende Leistungen der Landwirtschaft für Klima-, Natur- und Umweltleistungen gebunden werden. Die Aufzählung der Dinge, an die sich der Bauernverband jetzt scheinbar nicht mehr erinnern will, könnte weiter verlängert werden.

Der DBV verwechselt „Neuausrichtung“ mit einem Zurück zur Agrarpolitik der vergangenen Jahrzehnte. Mit dieser Verbandsposition werden denjenigen Tür und Tor geöffnet, die den EU-Agrarhaushalt schon länger als „Steinbruch“ sehen wollen, dessen Gelder man beliebig abtragen und in andere Bereiche umleiten kann. Marode Infrastrukturen in vielen Bereichen, kaputtgespartes Militär, steigende Zinslasten für Kredite usw. – auch die Liste der Begehrlichkeiten ist riesig.

Aus unserer Sicht ist auch der Bauernverband „Lichtjahre von dem entfernt, was notwendig wäre“! Von unbegrenztem Geld und einem deutlich Weniger von Auflagen zu träumen – gemäß dem Prinzip „Wünsch Dir was“ – mag verlockend sein, hat aber nichts mit realistischem Denken und Ehrlichkeit gegenüber den Bauern zu tun. Das ist wohl eher ein Sand-in-die-Augen-streuen – vergleichbar mit dem Handeln zumindest von Teilen der Politik.

Was wir brauchen, ist ein Neustart in der Agrarpolitik. Vorschläge dafür liegen auf dem Tisch. So richtet der marktwirtschaftliche Ansatz der BDM-Zukunftsstrategie 2030 ihren Fokus auf die Weiterentwicklung der Gemeinsamen Marktordnung, verknüpft mit Vorschlägen, der Landwirtschaft die nötigen Agrargelder zu sichern durch eine Bindung an Umwelt-, Klima- und Naturschutzleistungen sowie eine Weiterentwicklung der Tierhaltungssysteme. Den Zündschlüssel für einen derartigen Neustart will der DBV nicht mitdrehen und gefährdet damit letztlich den Erhalt von möglichst vielen Höfen.